von T. Austin-Sparks
Kapitel 4 - Der zurückblickende Gesichtspunkt
Ich möchte an dieser Stelle für einige Minuten zu der Sache mit den Brettern der Stiftshütte zurückkehren, von der wir im 1. Kapitel gesprochen haben, wo wir Gottes Vorsorge, die Ecken, die Wendepunkte mit einem zusätzlichen Brett zu verstärken, erkannt haben. Wendepunkte oder Türangeln sind stets gefährdete Punkte, und der Herr hat im Verlauf der Geschichte seines Volkes stets für solche Punkte Vorsorge getroffen. Es ist etwas, das in der Bibel aufgegriffen werden muss, wenn ihr bereit seid, es zu tun, und ihr werdet sehen, wie wahr das ist. Ich brauche euch als Beispiel nur an das erste Kapitel des Buches Josua zu erinnern. Ihr könnt kein anderes Kapitel in der Bibel finden, das eine größere Verstärkung von allem darstellt, wo das Alte aufgegriffen und in die Zukunft weiter getragen wird. Das war ein großer Wendepunkt, von der Wüste hinein in das Land, und es brauchte gewiss Kraft, um diese Ecke zu nehmen und diese Krise sicher zu überstehen.
Indem ich diese Illustration der Stiftshütte wieder verwende, so möchte ich folgenden Punkt aufs Neue aufzeigen: Man kann die Ecken der Stiftshütte als eine Darstellung von etwas betrachten, das an einem bestimmten Punkt erreicht wurde. Dieser Punkt hatte, sozusagen, eine Vergangenheit. Die Dinge haben sich bis zu diesem Punkt entwickelt, und von diesem Punkt an gibt es auch eine Zukunft, eine neue Phase, einen neuen Verlauf auf dem Weg. Und die Verstärkung an der Ecke war das Aufgreifen von etwas, das bis zu diesem Punkt sich so entwickelt hatte, und man sagte sich: «Nun müssen wir das sichern, wir müssen das bewahren, wir müssen es erhalten, wir müssen es ratifizieren; wir müssen ganz sicher gehen, dass uns das nicht verloren geht, oder dass es geschwächt wird, damit alles, das noch werden soll, diese Werte aufgreift und sie in Kraft fortführt». Denn Gott beabsichtigt nicht eine grundsätzliche Veränderung in den Dingen, die Veränderung ihres Charakters, die Veränderung ihrer Natur, an irgend einem Punkt: Er möchte einfach, dass alles, was er getan und gegeben hat, sicher und in Kraft weiter geführt wird in eine nächste Phase hinein und durch sie hindurch.
Wenn wir nun zu diesen Briefen von Paulus an Timotheus kommen, müssen wir erkennen, dass sie die letzten Schriften des Apostels sind - eine Tatsache, die in sich selbst einen Wendepunkt darstellt; eine Phase geht zu Ende, und eine neue beginnt. So war es; die Dinge änderten sich, als Paulus abtrat. Und weil Paulus sich selbst dessen bewusst war, schrieb er an Timotheus, wie er es eben tat. Diese Briefe sind daher eine Art Verstärkung der Dinge Gottes; sie greifen auf, was in der Vergangenheit gewesen ist, und bestätigen und konsolidieren sie für die Zukunft. Das hat Gott mit diesen Briefen beabsichtigt. Und so finden wir zu allererst in ihnen das, was wir den «rückblickenden Gesichtspunkt» nennen könnten, einen Rückblick auf die Vergangenheit. Timotheus wird zurückgeführt, direkt zurück zum Anfang: zum Anfang des Christentums, und an den Anfang seines eigenen Werkes und Dienstes.
«Halte im Gedächtnis Jesus Christus»Lasst uns den Rückblick bezüglich des Anfangs des Christentums betrachten, und das betrifft Christus. Paulus macht hier einen sehr starken und umfassenden Rückgriff auf Christus, und zwar in zwei Abschnitten - der eine ist ein Rückruf, der andere eine sehr vielsagende Feststellung. Der erste kommt im zweiten Brief vor, in Kapitel 2, Vers 8: «Halte im Gedächtnis Jesus Christus, auferweckt von den Toten, den Samen David, nach meinem Evangeliums». «HALTE IM GEDÄCHTNIS JESUS CHRISTUS». Wir sind bei einer Krise angelangt, wir müssen eine Wende vollziehen, wir sind zu einem Punkt gekommen, wo die Dinge anfangen, sich zu verändern. Was ist unsere Sicherheit an diesem Punkt? «Halte im Gedächtnis Jesus Christus». Das ist nur eine Art, zu sagen: «Bringe ihn wieder ins Blickfeld». Das ist stets Gottes Methode bei jeder Krise - Christus wieder ins Blickfeld zu rücken. Ob es sich um eine Krise in einer Gemeinde handelt, oder um eine persönliche Krise in unserem persönlichen Leben - «Halte im Gedächtnis Jesus Christus». Wie oft nahm der Apostel Zuflucht zu dieser Methode, mit schwierigen Situationen zu verfahren! In Philippi zum Beispiel, wo es einige Schwierigkeiten, einige Missverständnisse, einen Mangel an Arglosigkeit gab, nahm Paulus zu dieser Methode Zuflucht: «Halte das im Gedächtnis, was .... in Christus Jesus war» (Phil. 2,5).
Ich will mich nicht aufhalten, um alles Material über diesen Punkt zu sammeln. Lasst mich euch nur den großen Wendepunkt in Erinnerung rufen, den wir am Anfang des Buches der Offenbarung finden. Was für einen Wendepunkt in der Geschichte der Gemeinde fand dort statt! Erinnert euch, dass der Anfang dieses Buches eine Repräsentation von Jesus Christus ist, umfassend und ohnegleichen. «Halte im Gedächtnis Jesus Christus». So ist es immer. Nehmen wir an, ihr habt eine schlechte Zeit - so schlecht, dass sie eine echte Krise für euch darstellt. «Halte im Gedächtnis Jesus Christus». Das ist die größte Hilfe in jeder ähnlichen Zeit. Gibt es irgend welche Schwierigkeiten zwischen euch und einem andern Christen? «Halte im Gedächtnis Jesus Christus». Gibt es Schwierigkeiten in der Gemeinde?«Halte im Gedächtnis Jesus Christus». Das größte Korrektiv besteht darin, JESUS CHRISTUS IM GEDÄCHTNIS ZU BEHALTEN.
Christus, die Verkörperung der GottseligkeitAber da gibt es auch noch jene andere große Aussage, im 1. Brief, Kapitel drei, Vers 16: «Und anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottesfurcht (oder Gottseligkeit). Gott ist geoffenbart worden im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, gesehen von den Engeln, verkündigt unter den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit» (1. Tim. 3,16). Das ist das Christentum in einer Nussschale, eine umfassende und einschließliche Darstellung von allem, worauf das Christentum beruht. Es gibt noch andere rückblickende Gesichtspunkte in diesen Briefen, doch das genügt. Der erste große Rückgriff des Apostels an diesem Punkt der Krise und der Gefahr ist Christus, zurück zu Christus; denn Christus ist stets der Standard, nicht nur rückwärts, sondern auch vorwärts. An irgend einem Punkt, wo immer Gefahren lauern, wo immer Veränderungen bedroht sind, müssen wir uns auf Christus zurück besinnen, und von dieser Stelle an müssen wir weiterführen, was von allem Anfang an von Christus war.
Hier steht, Christus sei die Verkörperung der Gottseligkeit, oder Gottähnlichkeit. Es ist ein Geheimnis: «groß ist das Geheimnis der Gottseligkeit». Das griechische Wort «eusebeia» verbindet die Vorstellung von Anbetung, Weihe und Frömmigkeit. Hier heißt es, Christus sei die einschließliche, umfassende Verkörperung von all dem - in der Tat die Gleichheit mit Gott. Nun, das hat in diesem Brief eine sehr praktische Anwendung, denn das wahre Ziel Gottes mit der Gemeinde ist Gottähnlichkeit, oder die Gleichförmigkeit mit dem Bilde des Sohnes Gottes. Sie ist der große, dominierende Zweck und das Ziel Gottes in unserem Leben und in seinem Volk. Wie sollen wir Gottseligkeit definieren oder erklären? Sie ist Christus - die Reproduktion von Christus, der Ausdruck Christi. Es ist dies, dass Christus in die gegenwärtige Situation hinein gebracht wird. Er ist die Verkörperung der Gottseligkeit.
Unverderbliches Leben in ChristusÜberlegt doch nur für einen Augenblick, wer Christus ist. Ich bin sicher, dass viele von uns Christen Christus noch nicht richtig verstanden haben - und es ist nötig, dass wir ihn verstehen. Seht ihr, Christus war mehr als ein Mensch unter vielen, auch wenn er besser war als der Rest, eine echte Verbesserung aller anderen Menschen. Vielleicht findet ihr irgendwo einen Menschen von sehr hohem, moralischem Charakter, von unanfechtbarer Integrität, und ihr könnt sagen: «Ein blendendes Exemplar moralischer Aufrichtigkeit und Güte - und Jesus ist noch um eins besser». Nein, er ist nicht bloß um eines besser als der Beste. Er ist nicht ein Mensch unter vielen, wenn auch besser als alle.
Lasst es mich noch anders sagen. Die Güte Jesu war göttliche Güte, nicht menschliche Güte. Durch ihn, Jesus, wurden Leben und Unverderblichkeit ans Licht gebracht, durch das Evangelium (2. Tim. 1,10). Das allerbeste Exemplar der Menschheit, moralisch gesehen, das ihr finden könnt, ist noch immer verderblich. Er kann noch immer verdorben werden - er hat die Samen der Verderbnis in seiner Natur. Nicht jedoch Jesus Christus. Es gibt keine Verderbnis, es gibt keine Samen der Verderbnis in ihm. Unverderbliches Leben ist mit ihm gekommen. Und das Leben, das er einem Kind Gottes mitteilt, ist unverderbliches Leben. Das sind nicht wir selbst, was wir sind; es ist eine spezifische Gabe, die, auch wenn sie in uns ist, getrennt ist von uns. Und merkt euch, das ist der Schlüssel zu unserem geistlichen Überleben, trotz einer Welt voller Verderbnis, und trotz einer Natur der Verderbnis. Er hat uns sein eigenes unverderbliches Leben gegeben. Leben und Unverderblichkeit sind durch das Evangelium ans Licht gebracht worden.
Lasst mich jungen Christen sagen: Nehmt euch sehr in Acht vor einer heimtückischen Verführung - teils durch eine unglückliche Fehlübersetzung der Schrift, doch mehr noch durch die allgemeine Sprache und Redeweise über «Unsterblichkeit», die «Unsterblichkeit der Seele». Die Bibel lehrt sie nicht. Das biblische Wort ist dort, wo die Übersetzer der Authorized Version «Unsterblichkeit» verwendet haben, lautet in Wirklichkeit «Unverderblichkeit» (s. R.V.) - und Unverderblichkeit ist recht verschieden von dem, was die Leute mit «Unsterblichkeit der Seele» meinen. Damit werfen sie alle Menschen in einen Topf, und durch ihr Wort «Unsterblichkeit» heben sie uns auf ein Niveau, zu dem wir nicht alle gehören, und zu dem wir auf natürliche Weise niemals gelangen können. Unverderblichkeit ist die WAHRE Unsterblichkeit.
Doch unter «Unsterblichkeit» stellt man sich die Kontinuität der Existenz vor, und wir lassen dies für die Seele gelten; aber es besteht ein sehr großer Unterschied zwischen Kontinuität der Existenz und Unverderblichkeit, unverderblichem Leben. Ewiges Leben ist etwas völlig anderes als die bloße Fortsetzung des Lebens. Es ist eine ART von Leben, ein CHARAKTER von Leben. Es ist das Leben, das wir IN CHRISTUS haben. Seht ihr, das geht an die Wurzel der ganzen Sache. Wir müssen unbedingt direkt zu Jesus Christus zurückkehren. Christus ist verschieden von allen andern Menschen in der wesentlichen Natur, die sich in ihm befindet; und wenn er uns sein eigenes Leben gibt, sind wir Christen wesenhaft anders, mit dem größt möglichen Unterschied von allen anderen Kreaturen - weil dies eine ewige Angelegenheit ist.
Der Gegenschlag zur VerderblichkeitNun, Paulus sieht, wie Verderbnis in die Gemeinde herein kommt. Moralische Laxheit und alle möglichen Dinge, die zur gefallenen Schöpfung, zu dieser bösen Welt gehören, schlichen sich in den Tagen von Paulus in die Gemeinde hinein; Verderbnis manifestierte sich im Leben des Volkes Gottes. Was kann diesbezüglich unternommen werden? «Haltet im Gedächtnis Jesus Christus». Denn überlegt einmal: Wir, ihr und ich, haben ein anderes Leben durch Christus, und wir sollen auf der Basis dieses Lebens leben, und daran denken, dass wir nicht notwendigerweise dem Verderben anheim fallen müssen. Wir haben in uns ein Leben, das mächtige Leben Gottes, das in Christus für uns Menschen Tod und Verderbnis überwunden hat. «Haltet im Gedächtnis Jesus Christus». Denkt daran, in Jesus Christus befindet sich das, was unberührt durch alle Verderbnis hindurch gegangen ist, und es ist noch immer möglich - und gepriesen sei Gott, es hat sich tatsächlich wieder und wieder erwiesen - dass ein Kind Gottes dass ein Kind Gottes inmitten von Sodom und Gomorrha in weißen Kleidern wandeln kann. Sogar wo sich Satans Thron befindet, könnt ihr Heilige treffen, die in Reinheit wandeln. Es ist das herrliche Wunder des Christenlebens, dass wir all dem Schmutz und all dem Schrecken, aller Korruption und aller Verschmutzung dieser Welt um uns herum unterworfen sind, und doch unbefleckt und unberührt weitergehen können.
Wenn also die Verderbnis anbrandet, oder sich einschleicht, denkt daran: Euer Leben ist anders als dies. Das ist nicht euer Leben, das ist nicht für euch; das ist nicht eure Art, und es ist auch nicht die Art Christi. DIESES Leben wurde euch nicht durch ein Gesetz auferlegt - es ist etwas in euch in Kraft. Gott sei Dank für dieses Wunder. Ein junger Mann, eine junge Frau, ohne viel Kenntnisse, Unterweisung oder Belehrung, oder auch Erfahrung, muss in diese Welt hinaus ziehen, und, ohne einen andern Christen in seiner Nähe zu haben, umgeben von Leuten das niedrigsten Typs, dieser junge Mann oder diese junge Frau kann durch die Kraft Gottes unbefleckt bewahrt bleiben. Dieses unverderbliche Leben ist etwas sehr Praktisches. Jesus ist anders. Er ist nicht bloß besser als der Rest; er ist anders, grundsätzlich anders als der Rest. Das ist die Wahrheit über Jesus, und das ist die Wahrheit über das Kind Gottes: Nicht bloß ein bisschen besser als andere Leute, sondern anders. Das Lebensprinzip ist anders. Ist das wichtig? Sicher ist es das, wenn wir diesen Lauf bis zum Ende sicher durchstehen wollen.
«Du hast ein paar wenige Namen in Sardes, die ihre Kleider nicht beschmutzt haben» (Offb. 3,4). Das ist ein Zeugnis - «selbst in Sardes». Und es ist ein Rückgriff auf das 1. Kapitel der Offenbarung, wo Christus mit einem bis zu den Füßen reichenden Gewand gesehen wird - das weiße Gewand der Unverderblichkeit. «Ich bin... der Lebendige; und ich war tot, doch siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit» (Offb. 1,17.18). So spricht er, indem er mit einem bis zu den Füßen reichenden Gewand bekleidet ist. Was bedeutet das? Gewiss dies: Dass er für uns in seinem Tod in die Senkgrube menschlicher Bosheit geworden wurde - «Er wurde für uns zur Sünde gemacht, der doch von keiner Sünde wusste» - und ist unbefleckt, triumphierend, eine einem weißen Gewand, daraus hervorgegangen. Und «du hast ein paar wenige Namen in Sardes, die ihre Kleider nicht beschmutzt haben» - was ist das? Es ist ganz einfach sein Sieg im Leben dieser Leute in Sardes, wo die Dinge moralisch tatsächlich sehr, sehr schwarz waren. «Haltet im Gedächtnis Jesus Christus».
Junger Mann, wenn du in Kürze deinen Marschbefehl in die Armee erhalten solltest, nun, dann gehst du halt hin. Vielleicht findest du dann dort keinen andern Christen in deiner Nähe, der dir helfen kann. Du magst äußerlich keine Verbindung mehr mit irgendwelchen Gnadenmitteln haben; es kann sehr wohl eine Krise für dein geistliches Leben bedeuten. Dennoch ist es dir möglich, durchzukommen und sogar triumphierend daraus hervor zu gehen, wegen Jesus Christus. Und was in dieser Beziehung zutrifft, trifft auch in allen andern Dingen zu. Seht ihr den Unterschied zwischen Jesus Christus und allen andern Menschen, selbst den Besten. Seine Güte war in der Tat eine andere Güte.
Die Erkenntnis Christ war geistlich, nicht akademischWendet euch nun einem anderen Winkel zu, aus dem ihr ihn betrachten könnt - seine ERKENNTNIS. Nun, niemand wird bestreiten oder in Frage stellen, dass Jesus eine sehr breite Erkenntnis besaß, dass er ungeheuer gut informiert war, dass er ein sehr reiches Verständnis an den Tag legte. Jedermann musste das in seinen Tagen erkennen und anerkennen. Selbst seine Kritiker und Feinde stellten die Frage: «Woher hat dieser seine Erkenntnis»? Er redete wie einer, der Autorität besitzt, und nicht wie die eigentlich Gebildeten, die Schriftgelehrten; da lag etwas Besonderes vor. Doch sein Wissen war nicht das Wissen aus den Schulen. Er hatte nie ein College oder eine Universität besucht. Er musste zu Hause arbeiten, hart und lange, und dies für einen Hungerlohn, der gerade ausreichte, um die Mutter und seine Brüder mit Nahrung und Kleidung zu versorgen. Er war nicht imstande, sich noch etwas zu zu verdienen, um etwas als «Nest-Ei» für regnerische Tage zurück zu legen - sofern wir damit nicht die Bilder vermischen - denn, als es darum ging, zu seinem Lebenswerk aus zu ziehen, konnte er sich nicht einmal eine Übernachtung leisten, er hatte nichts, worauf er sein Haupt hinlegen konnte. Er musste ein Wunder wirken, um die Steuer zahlen zu können.
Kein Wunder, dass sie fragten: «Woher hat dieser Mann sein Wissen, da er doch nicht studiert hat?» (Joh. 7,15). Wie erwirbt er sich sein Wissen - ein Wissen, das seit seinen Tagen die besten Köpfe erweitert und erschöpft hat? Und noch immer sind sie dran. Seht all die vielen Bibliotheken, die über ihn und seine Worte voll geschrieben wurden! - und doch kehren wir immer wieder zurück und fragen uns, was er wohl gemeint haben mochte, als er dies oder jenes sagte; noch immer haben wir es nicht ergründet. So muss jedermann eingestehen, dass er ein sehr, sehr breites Wissen besaß: aber woher hatte er es? Noch einmal sagen wir: Es war nicht das Wissen aus den Schulen; es war etwas Anderes, es war verschieden, es kam anderswo her. Nun, wir Christen haben die Antwort; wir wissen es. Aber, merkt euch, dieser Unterschied ist DER Unterschied zwischen Christus und allen andern - vor allem den Leuten, die es wissen müssten; und der Unterschied auch zwischen jedem einfachsten Kind Gottes und den weisesten unter den Menschen.
«Haltet im Gedächtnis Jesus Christus». Es gibt eine Quelle und eine Art von Wissen, mit dem wir hindurch kommen können, das alle Wissensfürsten dieser Welt nicht besitzen. Es ist eine bestimmte ART von Wissen. Ich möchte später mehr darüber sagen, doch erwähne ich es hier. Solange wir nicht diese Art von Wissen haben, dieses geistliche Verständnis, diese geistliche Einsicht - diese Einsicht, die anders, die verschieden ist, diesen Sinn, welcher der Sinn Christi ist - werden wir diesen kritischen Wendepunkt (corner) im christlichen Leben und in der Erfahrung und im Werk Gottes nicht schaffen. Wir benötigen mehr Verständnis als das beste Verständnis dieser Welt, um diese Krise zu überstehen. Wie werden wir diese Situation bewältigen? Vielleicht seht ihr euch gerade jetzt solchen Dingen gegenüber. Ihr werdet geprüft; ihr fragt euch - wie werden wir diese Kurve nehmen, wie werden wir da durchkommen? Nun, es gibt eine Art von Wissen, eine Art von Verständnis, ein Art von geistlicher Einsicht, die jedem Kind Gottes zugänglich ist, die uns durchbringen wird. Das ist wahr sowohl in der Erfahrung als auch in der Geschichte. Wenn wir zu bestimmten Zeiten den Herrn nicht gekannt hätten, wo wären wir dann geblieben? Unsere Erkenntnis des Herrn hat uns gerettet. Und oft hat unsere Erkenntnis von geistlichen Prinzipien uns gerettet, unsere Einsicht in das, wie Gott die Dinge erledigt, und es war eine ungeheure Hilfe in Zeiten der Not.
Ja, haltet im Gedächtnis Jesus Christus. Er hatte eine Erkenntnis, die mehr war als alle Erkenntnis dieser Welt, und sie war anders: Es war das, was er durch den Geist hatte. Diese Briefe sind an sich schon ein konkreter Beweis dafür. Hier tritt eine neue Situation ein, und die große Frage lautet: Wie wird die Gemeinde diese Krise ohne große Katastrophe, ohne Zusammenbruch, durchstehen? Nun, die Briefe sind randvoll von einer Erkenntnis, die den Erfordernissen entspricht, nicht wahr? Es ist die Erkenntnis Christi. Wisst ihr, dass Christus in jedem dieser beiden Briefe zwölf Mal erwähnt wird? Es sind sehr kurze Briefe; ihr könnt sie in wenigen Minuten durchlesen, alle beide; und Christus wird 24 mal erwähnt! Wenn ihr auf irgend ein Wort stoßt, das derart dominant ist, dann liefert es uns bestimmt den Schlüssel dafür, worum es im Grunde geht. Paulus kommt hier mit Christus zurück: es ist CHRISTUS, es ist CHRISTUS - er ist der, bei dem wir alles holen müssen.
Der Einfluss Christi war geistlich, nicht psychischSo viel denn zur Frage Seiner Erkenntnis. Noch ein Wort über seinen EINFLUSS. Es ist unbestreitbar, dass er einen immensen Einfluss ausübte. Seine Gegenwart machte sich stets fühlbar. Er konnte nirgendwo sein, ohne dass es überall bekannt wurde, dass er da war. Er brauchte nicht einmal ein Wort zu sagen, und die Dingen ereigneten sich von selbst; seine Gegenwart war eine machtvolle Gegenwart. Das müssen wir nicht beweisen und auch nicht weiter ausführen. Dieser geheimnisvolle Einfluss und Impakt - was war er? Einige haben es natürlich psychologisch zu erklären versucht: er habe einen mächtigen psychischen Einfluss auf die Leute ausgeübt. Sie haben das Ganze mit dem Satz zusammengefasst: «Er war eben eine ungeheuer starke Persönlichkeit». Sie, sie mögen das denken, wenn sie wollen, aber das ist keine Antwort. Sein Einfluss, sein Impakt, war alles andere als psychisch, alles andere als eine starke Persönlichkeit. Es war etwas wesentlich GEISTLICHES. Böse Geister erkannten seine Gegenwart - die Dämonen schrieen auf in seiner Gegenwart. Das ist nichts Psychisches; das sind konkrete Wesenheiten und Intelligenzen. Es handelt sich um eine Registrierung in der geistigen Welt.
Einfluss ist nicht bloß eine Frage dessen, das jemand eine starke Persönlichkeit hat, oder dass jemand imstande ist, einen starken psychischen Eindruck zu verbreiten, wo immer man ist. Das ist eine falsche Vorstellung von Einfluss. Soweit es Menschen und diese Welt betrifft, könnt ihr ohne die Erziehung durch n und ohne all die Werte einer reichen Bildung auskommen; vielleicht habt ihr aufgrund eurer Geburt oder eurer Erbanlagen und Erziehung nichts, das aus euch eine starke Person oder einen starken Charakter machen könnte: und doch mögt ihr einen sehr großen Einfluss ausüben, ihr mögt als etwas mehr gelten als das alles. Wiederum trifft es zu - und hier liegt das Wunder von allem - dass «Gott das Schwache auserwählt hat... die Dinge, die nichts gelten», damit er das zerstöre, zunichte mache, herunter hole, was sich weise dünkt, was stark ist, was etwas zu sein vorgibt. So oft ist es, menschlich gesprochen, eine unbedeutende kleine Person, die bei Gott mächtig Punkte sammelt. Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem natürlichen und dem geistlichen Einfluss.
In den Gemeinden der Offenbarung stellen wir fest, dass das Zeugnis seine Kraft und seinen Einfluss in der Welt verloren hat; und so ist es weitgehend auch heute. Welches Heilmittel gibt es? Es ist, wie wir aufzuzeigen versucht haben, die Wiedergewinnung und die Verstärkung echter Geistlichkeit. Geistlichkeit ist eine ungeheure Kraft. Wahrhaft geistliche Menschen, mögen sie vom Standpunkt der Welt aus sein, was sie wollen, sind die Leute, die zählen; sie sind die Menschen mit Einfluss, und sie sind die Leute, die in dieser Welt gebraucht werden. Gott braucht geistliche Männer und Frauen für das Bewahrung und Weiterführen seines Zeugnisses. Er benötigt verstärkte Geistlichkeit. «Haltet im Gedächtnis Jesus Christus». Ihr könnt nur auf ihn zählen - auf seine Erkenntnis, auf seinen Einfluss, wie in jeder andern Hinsicht - durch die Salbung des Geistes. «Gott hat Jesus von Nazareth gesalbt... der umherging und Gutes tat und alle heilte, die vom Teufel unterdrückt wurden; denn Gott war mit ihm» (Apg. 10,38). Es war die Salbung. Und wir haben die Salbung - dieselbe Salbung. Und so auch seine AUTORITÄT, um das Wort der Schrift zu benutzen, war nicht jene der Persönlichkeit; es war GEISTLICHE Autorität. Wie nötig haben wir das! Seine Beurteilung der Dinge, seine Einsicht, seine Fähigkeit zu unterscheiden war nicht bloß menschlicher Scharfsinn, nicht bloß eine hohe Ebene menschlicher Schlauheit; es war geistliche Weisheit. Es war das, was Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther so gründlich darlegt.
Der Punkt ist folgender: Jesus Christus, Jesus, der Gesalbte (denn das ist ja die Bedeutung von «Christus»), ist anders, ist übergeordnet. Was damals auf ihn zutraf, trifft auch heute zu. Auf die Art, wie ich sie aufgezeigt habe - Weisheit, Verständnis, Kraft, Urteil, und alles übrige - muss er mitten in unsere geistlichen Krisen hineingebracht werden. «Haltet im Gedächtnis Jesus Christus». Es geschieht alles durch die Salbung. Wenn wir irgend ein Gefühl für das haben, was in der Gemeinde, unter dem Volk Gottes heute dringend erforderlich ist - ja, auch in uns selbst - wegen der Dinge, wie sie nun einmal sind, wie sie geworden sind, oder wie sie bedroht werden, schlägt unser Herz in all dem nicht mit dem Herzen von Paulus? Wir können Paulus‘ Sorge aufgreifen. Seht ihr, dieser Manne schüttete sein ganzes Herz in diesen Briefen aus. Da ist etwas von einem verzehrenden, wenn nicht sogar gebrochenen Herzen vorhanden, in der Art, wie Paulus hier sagt: «O Timotheus» - «O, Timotheus, bewahre das dir anvertraute Gut». Dieser Schrei, dieser Ausruf, dieser Ausbruch seines Herzens, wie er sich in diesen Briefen findet, nicht nur in dieser Sprache, sondern auch in anderer Hinsicht, offenbart Paulus‘ ungeheure Sorge hinsichtlich dieser Frage des geistlichen Lebens, der Verstärkung der Geistlichkeit.
Wir sollten heute diese Sorge mit Paulus teilen; wir sollen so fühlen wie er. Macht ihr euch Sorgen um geistliche Dinge? Seid ihr besorgt über die Art, wie - allgemein gesprochen - die Dinge sich entwickelt haben - über die Entartung, den Abfall, die Abweichung, das Fallenlassen, die Unterschiede, die seit dem Anfang geschehen sind? Seid ihr besorgt? Nun, denkt daran, dass es nicht bloß ein Seufzen oder Stöhnen darüber sein darf, sondern eine verständnisvolle Sorge, mit der vollen und klaren Wahrnehmung dessen, worin die Lösung besteht - die Verstärkung der Geistlichkeit, in uns selbst und im Volk Gottes. MÖGE DER HERR UNS DIE SORGE SEINES DIENERS IN DIESER ANGELEGENHEIT SCHENKEN!
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