von T. Austin-Sparks
Kapitel 7 - In den Korintherbriefen I
Wir haben in diesen Botschaften gesehen, dass jeder Teil (bzw. jedes Buch) des Neuen Testamentes für die Gemeinde eine besonderen Aspekt Christi in dieser Heilszeit präsentiert. Der Verfasser hat in seiner Wahrnehmung Christi diese bestimmte Last und diesen Drang, und wenn wir alle Schriften gelesen haben, haben wir eine umfassende Präsentation unseres Herrn. Es gibt jedoch noch einen anderen Gesichtspunkt, der so sehr reich und hilfreich ist. Es ist der, dass diese getrennten Dokumente in ihrem Wert das sind, was sie eben sind, aufgrund ihres unmittelbaren praktischen Kontextes. Es sind die Situationen, an die sie sich richten, welche die vielseitige Fülle der Mission, Bedeutung und Botschaft von Jesus Christus herausbringen. Die Geschichte, sowohl die zeitliche als auch die geistliche, macht den Christus so notwendig, aber auch so angemessen. Das wird so deutlich, wenn wir den Hintergrund und den Anlass dieser Schriften in Betracht ziehen. Die Briefe an die Korinther - oder an die Gemeinde in Korinth - besonders reich bezüglich des Heraushebens von Christus, wie wir hoffentlich gleich sehen werden. O, wie nötig wäre eine Feder, die eingetaucht ist in den Brunnen der göttlichen Inspiration, um auch nur etwas von dem aufzuzeigen, was diese Briefe von Christus verkörpern! Unser Herz versagt angesichts eines solchen Unterfangens.
Wenn «Korinth» oder «die Korinther» erwähnt werden, dann ist die unmittelbare Reaktion meistens ein Stirnrunzeln. Die Unordnung, die Fehler, die Sünden und all das, was tadelnswert ist, taucht sofort in unseren Gedanken auf. In der Tat, die Dinge sind in einem schrecklichen und betrüblichen Zustand, und es lässt sich entschuldigen, wenn die wichtigste Frage, die gestellt wird, lautet, ob das überhaupt Christentum IST. Man kann nicht einfach leicht darüber hinweggehen, und dieses Element des Kontrasts und des Widerspruchs kann man nicht entschuldigen. Die stärksten Dinge werden vom Verfasser dieser Briefe darüber gesagt. Stellt euch dem! Nehmt es als das, was es ist! Verbergt nichts! Und wenn ihr das alles getan habt, dann stellt diese wichtigste Frage: «Warum hat Gott das alles erlaubt, und warum hat er zugelassen, dass es erst noch in ein Dokument hinein gelangt, das in immer weitere Kreise und durch eine sich immer weiter hinziehende Zeitspanne vordringt? Warum hat Gott diese Schande, diesen Vorwurf, diesen Widerspruch zu seiner eigenen Natur und seinem Willen nicht einfach zugedeckt? Wenn ihr all das getan und diese wichtigste Frage gestellt habt, habt ihr die Antwort eigentlich schon gegeben. Gott hat dies NIE getan, weder in der Geschichte seines größten Knechtes, noch in der seines erwählten Volkes. Bei diesem merkwürdigen Vorgehen Gottes, einem Vorgehen, von dem wir glauben, er würde es nie benutzen, müssen wir eine sehr bedeutsame Frage stellen: Wäre es vom Standpunkt aller künftigen Zeiten aus ein Gewinn oder ein Verlust gewesen, wenn all diese Vergehen und diese Fehler einfach zugedeckt worden wären, und wenn man nicht zugelassen hätte, dass die Nachwelt davon erfährt? Man kann diese Frage auf verschiedene Weisen stellen, doch haben wir, und die Gemeinde durch die Jahrhunderte, von diesen Korintherbriefen gewonnen, wenn wir gesehen haben, was diese Briefe notwendig machte? Es sind zwei hauptsächliche Dinge, die als Antwort auf diese grundlegende Frage herausgekommen sind. Erstens, die Werte, die daraus erwuchsen, die durch die Situation hervorgerufen wurden, mit der sich die Briefe beschäftigen. Zweitens, Wie kam es, dass eine solche Situation unter Christen überhaupt existieren konnte?
Diese beiden Dinge werden uns eine längere Weile beschäftigen, und sie werden uns in tiefe und sehr nützliche Wasser oder Minen führen.
Wir wollen also damit beginnen, dass wir einiges von dem einsammeln, was wir so nennen können:
Dass ein solcher Kampf stattfand, ein sehr heißer Kampf um das Zeugnis Gottes in Korinth, braucht nicht diskutiert zu werden. Legen wir für den Augenblick die Tragödie und Schande der dortigen Situation beiseite - welche Werte sind daraus hervorgegangen?
Wir haben uns angewöhnt, vom Epheser- und Kolosserbrief mit dem dazwischen geklemmten Philipperbrief als von der Hochwassermarke der neutestamentlichen Offenbarung zu sprechen. Auf ihrem eigenen Gebiet mag das auch stimmen. Das heißt, was die Offenbarung des ewigen Ratschlusses Gottes bezüglich der Gemeinde betrifft, IST es wahr. Doch auf dem Gebiet des Christentums und der Bedeutung der eigentlichen christlichen Berufung und des christlichen Lebens gibt es nichts Vergleichbares mit einigen der Teile des ersten Korintherbriefes. Nehmt zum Beispiel den kurzen Abschnitt in Kapitel 2, Verse 9-10:
«Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört und keinem Menschen ins Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. Uns aber hat es Gott geoffenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes».
Oder was haltet ihr von den Aussagen in Kapitel 6, Verse 2 und 3, Aussagen, über die die meisten Kommentatoren und Exegeten hinweggehen, weil sie sie nicht erklären können:
«Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden?»
«Wisst ihr nicht, dass wir selbst Engel richten werden?»
Was für eine aufrüttelnde Art, uns für die Berufung in Christus zu wecken! Und was wollen wir von Kapitel 13 sagen? Gibt es in der ganzen Literatur etwas, das sich damit vergleichen ließe? Lest es in den verschiedenen Bibelausgaben, wie diejenige von Moffat, oder der Amplified, etc. Das ist in der Tat ein superlativer Standard, den es zu erreichen gilt. Kein Wunder, dass Paulus selbst anderswo - und später - schrieb: «Brüder, ich halte mich nicht dafür, es schon erreicht zu haben».
Doch geht zu Kapitel 15 weiter, zu dieser atemberaubenden Präsentation dessen, was der Apostel «Das Evangelium, das wir predigen» nannte. Wenn wir durchlesen bis zur Beschreibung der verschiedenen Kategorien der Auferstehungskörper der Heiligen - Sonne, Mond, Sterne, Herrlichkeiten; die Umwandlung und Transformation von der Verderbnis zur Unverderblichkeit, und alle anderen Details - werden wir keuchend stehen gelassen, mit einer einzigen, ungeheuren Frage: «Wie kam Paulus dazu, das alles zu wissen?» Die einzig mögliche Antwort vergrößert nur noch das Wunder der Offenbarung selbst. Es muss aus einem einzigen Stück mit seiner Aussage über den Tisch des Herrn in Kapitel 10, Vers 23 stammen: «Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch bereits mitgeteilt habe...» Da er in der Vergangenheitsform redet - «ich habe es euch bereits mitgeteilt» - muss es eine Verbindung darstellen zum zweiten Brief, Kapitel 12: «VOR VIERZEHN JAHREN kannte ich einen Menschen in Christus... der ins Paradies entrückt wurde und unaussprechliche Dinge hörte...». Das 15. Kapitel des ersten Briefes muss schlicht der Saum dieser «unaussprechlichen Dinge» sein.
Nachdem ich nun meine Feststellung und mein Argument festgesetzt habe, ist es nun nachvollziehbar, dass die traurige und beklagenswerte Situation in Korinth auf souveräne Weise in Gnade benutzt wurde, um sie zum Anlass zu machen, dass einige der erhabensten Dinge der göttlichen Offenbarung hervorgebracht wurden? Gott sei Dank für seine souveräne Gnade!
Nun müssen wir näher an den besonderen Vorsatz dieser Botschaften herangehen, nämlich, was Christus in dieser Situation bedeutet.
Um dies zu erreichen, müssen wir einige Hauptgesichtspunkte berücksichtigen. Die Korintherbriefe sind voller lebhafter Kontraste. Vor allen andern ist da der Kontrast zwischen:
- Der alten und der neuen Schöpfung;
- dem Natürlichen und dem Geistlichen;
- der Finsternis und dem Licht;
- dem Irdischen und dem Himmlischen;
- dem Zeitlichen und dem Ewigen;
- dem Alten Testament und dem Neuen, etc.
Zwischen diesen Kontrasten steht Jesus Christus mit dem, was er für den bedeutet. Sein Rücken steht gegen die erste Reihe mit dem mächtigen «Nein!» seines Kreuzes. Sein Gesicht ist der zweiten Kategorie zugewandt mit dem mächtigen «Ja!» seiner Auferstehung.
Auf diese Weise wird das Christentum als in zwei Teile gespalten und entzweigerissen dargestellt.
Hier wird ein CHRISTENTUM geoffenbart, dem gegenüber Christus (in seiner Mission, seiner Bedeutung und seiner Botschaft) ein klares «Nein!» sagt. Über diesem Christentum steht ein großes «KANN NICHT» geschrieben.
Das wird als Betonung und deutliche Aussage sehr früh im ersten Brief aufgegriffen und verläuft durch all die vielen Dinge hindurch, die zum Gericht und zur Korrektur anstehen. Nur der Platz verbietet uns, diese verschiedenen Punkte des göttlichen Vetos aufzulisten. Der Leser möge die Briefe durchlesen und sich die Punkte notieren, bei denen Christus im Grunde sagt: «So nicht!». Auf diese Weise - am Ende - lautet das einschließliche und umfassende Verdikt: «Auf diese Weise werdet ihr nie Gottes Ziel erreichen!» Als Hilfe, um dies zu sehen, können wir angeben, wo die Korinther in der geistlichen Geschichte und Geographie angesiedelt sind. Nehmt euch zum Beispiel die Anspielungen auf das Alte Testament in diesen Briefen vor. Zwei Dinge erheben sich da in kühner Freisetzung. Das eine ist die alte Schöpfung mit ihrer Finsternis, ihrem Chaos, ihrer Unordnung, ihrer «Leere», und ihren Gesichtspunkten des Gerichts. Das zweite ist Israel in der Wüste. Wir wollen dieses zweite zu unserem gegenwärtigen Zweck aufgreifen. Ganz deutlich versetzt der erste Brief in Kapitel 10 die Korinther (und eine bestimmte Art von Christentum) in die Position Israels zwischen Ägypten und dem Land der Verheißung, und er tut das mit einer sehr ernsten Warnung. Dieselbe Position wird auch im zweiten Brief postuliert, in Kapitel 3, Verse 7-16.
Welches waren denn die Gesichtspunkte jener Position in der Geschichte Israels?
1. Sie waren STELLUNGSMÄßIG durch SOUVERÄNE Gnade aus Ägypten, dem Bereich des Gerichts, herausgebracht und «in der Wolke und im Meer» getauft worden.
2. Sie befanden sich AUF DEM WEG der «himmlischen Berufung» und des göttlichen Vorsatzes.
3. Sie besaßen die ZEICHEN des übernatürlichen Lebens und der Position, z.b. das manna, und das Wasser, etc.: das «Geheimnis Christi», «und dieser Felsen war der Christus». Sie kannten den souveränen Wert des Blutes des Lammes. Es gab viele Beweise dafür, dass Gott mit ihnen und für sie da war. Doch bei all dem hing über ihnen ständig die Bedrohung und die Gefahr, das ERBE zu verfehlen, was - ach - jener Generation in der Tat auch passierte. Das ist DIE Warnung für diese bestimmte Art von Christentum in den Korintherbriefen. Warum war das so? Was sagen die Korintherbriefe zu dieser Position? Vielleicht findet sich die Antwort in zwei Besonderheiten; 1. Es ist möglich, STELLUNGSMÄßIG außerhalb der Welt zu sein, wobei die Welt noch immer IN uns ist. Ägypten fuhr, selbst nach all seinen Gerichten, noch immer fort, zurückzuziehen und die Dinge fest im Griff zu behalten. Es war nie sehr schwierig, nach Ägypten zurück zu kehren. Es ist leicht, in den Korintherbriefen zu erkennen, dass die Welt weiterhin ihren Zug, ihren Einfluss und ihre Attraktivität über die Seelen dieser Christen ausübte. Der Verfasser war sich sehr sicher, dass dies im Falle derjenigen, deren STELLUNG nicht zu ihrem himmlischen ZUSTAND führte, bezüglich des Erbes desaströs sein musste. In diesem Zusammenhang unterschied er so stark zwischen
Das Christentum war sehr langsam im Erkennen, um nicht zu sagen im Akzeptieren dieser großen Trennung. Aus Mangel aus dieser Unterscheidung (die nur das Ergebnis eines tiefen pflügenden und trennenden Werkes des Kreuzes ist) existiert ein Christentum, DAS NICHT ZU DEM HINDURCHDRINGT, WAS GOTT BEABSICHTIGT, und zahllose Christen sind sich dessen bewusst!
Die Universitäten und Colleges mögen Doktoren der Medizin, der Philosophie, der Kunst etc. produzieren, aber dessen könnt ihr sicher sein, dass kein Mensch und keine Universität einen Menschen des Geistes mit der Kenntnis von «Dingen, die in keines Menschen Herzen gekommen sind», hervorbringen kann! Das ist das Argument und Verdikt des Neuen Testaments.
Der umfassende Punkt daher ist der, dass CHRISTUS ANDERS IST. Er ist der andere Mensch, der Mensch des Geistes. Sein Wissen, seine Weisheit, seine Fähigkeit ist von einer anderen Ordnung. Die WAHRE Wirkung des Innewohnens und der MEISTERSCHAFT des Heiligen Geistes ist es, zu ZEIGEN, dass das Christentum eine Reproduktion, eine Repräsentation Christi ist und dies auch verwirklichen; die Mission, die Bedeutung und die Botschaft von Jesus Christus besteht darin, jene wesentlich andere Art hervorzubringen, die er ist (s. 2. Kor. 3,16-18).
Doch lest die beiden Briefe noch einmal!
In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.