von T. Austin-Sparks
Kapitel 2 - Die zentrale und überragende Stellung Christi für den einzelnen Gläubigen
Schriftlesung: Hebräer 1,1-14.
Wir gehen nun weiter zum zweiten Aspekt von «Christus in euch» und kommen zu den vertrauten Worten von Galater 2,20: «Ich bin mit Christus gekreuzigt worden; nun lebe nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir; und das Leben, das ich nun in meinem Fleisch führe, leben ich im Glauben, nämlich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich dahin gegeben hat».
Das erste ist die Offenbarung Christi im Herzen; das zweite ist das Leben Christi im Innern. Es ist für uns wichtig, zu erkennen, dass es nicht bloß um die Tatsache geht, dass Christus im Innern lebt, nicht bloß darum also, dass Christus in uns ist, in uns lebt, doch dass dies noch etwas mehr als nur dies mit sich bringt: dass nämlich Christus das Leben des Gläubigen ist. Christus im Innern ist das eigentliche Leben des Gläubigen; er muss als unser Leben zentral und überragend sein, und er ist eben in dem Maße unser Leben, als er zentral und überragend ist, nicht mehr und nicht weniger. Doch möchten wir verstehen, inwiefern Christus im Innern das Leben des Gläubigen ist, und dieser ganze Galaterbrief verhilft uns zu diesem Verständnis. Ich möchte nicht in einem technischen Sinne allzu doktrinär oder theologisch sein, doch habe ich den Eindruck, dass das Volk des Herrn sich über die große Lehre der Gnade im Klaren sein sollte. Darum möchte ich um eine kurze Betrachtung der Aussage, die wir vor uns haben, bitten.
Oft sprechen wir davon, dass Christus unser Leben ist; oft sagen wir Dinge des Inhalts, dass er unser eigentliches Leben ist. Wir benutzen ein anderes Fragment der Schrift, das zwar nicht im genau gleichen Bereich liegt wie dieser Abschnitt hier, auch wenn er damit in Verbindung steht: «Wenn Christus, unser Leben, geoffenbart werden wird, werdet auch ihr mit ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit». Das Prinzip, dass Christus unser Leben ist, ist dasselbe, doch hier gibt es dafür einen Hintergrund. Es ist nicht einfach so, dass Christus für uns die vitale Energie ist, die wir Leben nennen. Natürlich ist er das, er ist das Leben; der Heilige Geist ist der Geist des Lebens in uns, doch hier wird dies durch den Kontext erklärt und es erhält dadurch eine tiefere Bedeutung. Wenn ihr die diese Stelle unmittelbar umgebenden Worte betrachtet, werdet ihr sehen, dass diese Aussage des Apostels eine Veränderung bedeutet. Dieser Brief befasst sich, wie ihr wisst, mit der Gesetzlichkeit, in welche die galatischen Gläubigen gefallen waren, durch welche sie überwunden, überwältigt oder in die sie verstrickt worden waren. Beachtet, wie Kapitel 3 beginnt: «Ihr törichten Galater ... wer hat euch bezaubert?», wörtlich: «Wer hat euch verhext? » Sie waren unter einen Hexenbann geraten, und es war der Bann einer falschen Gesetzlichkeit. Nun, was Paulus hier in Vers 20 sagt, stellt eine Veränderung dar. Paulus hatte in vergangenen Tagen so gelebt, dass er am Gesetz festhielt. Seine Position als Jude war die, dass der Mensch unter dem Gesetz leben muss, indem er das Gesetz einhält. Das Gesetz sagt: «Du sollst», und «du sollst nicht». Wenn den 44 «du sollst» entsprochen wurde, und die «du sollst nicht» beobachtet und gemieden wurden, dann wurde das Leben eines Menschen von Gott bewahrt. Wenn ein Mensch auf Erden leben und seine Tage verlängern wollte, musste er das Gesetz halten, und so lebte er, indem er sich an das Gesetz hielt, das Gesetz der Gebote und Satzungen. Und wir wissen, besonders von einem wie dem Saulus von Tarsus, der das Gesetz strikte einhielt, dass dies eine mühselige Sache war, und es bedeutete stets Verdammnis und Tod. Es war wie das Schwert des Damokles, das ständig über dem Haupte hing. Weicht nur um Haaresbreite ab, und ihr sterbt, ihr kommt unter Verdammnis, Gericht und Tod. Und die Einhaltungen verbunden mit Reinigung und einer richtigen Beziehung zu Gott berührten nie, auch nicht für einen Augenblick, das Gewissen; sie waren bloß, sagen wir es so: praktische Verrichtungen für den Augenblick; sie waren etwas bloß Äußerliches, und im Innern blieb stets ein Gefühl, dass irgend etwas fehlt, dass es irgend einen Mangel gab. Trotzdem hatte Saulus so gelebt, dass er sich an das Gesetz hielt mit seiner ganzen Mühsal, seiner ganzen Langeweile, mit all seinen Bedrohungen, seinem Urteil, seiner Verdammnis und mit seinen Schatten des Todes, die es stets im Blick behielt. Das war sein vergangenes Leben.
Nun, bisher hat sich noch kein Mensch gefunden, wie Paulus es im 1. Kapitel seines Römerbriefes vollkommen klar macht, der in aufgrund seiner eigenen Natur Gott in jedem Punkt und Erfordernis seines göttlichen Gesetzes zufrieden stellen konnte. Alle sind eingestürzt, alle haben versagt, und in keinem Mensch fand sich die Wurzel der Gerechtigkeit. Gott konnte nie mit bloßer äußerlicher Gerechtigkeit zufrieden gestellt werden, die nicht im Menschen selbst lag; mit einer Art theoretischer Gerechtigkeit, die praktisch nicht vorhanden war; und es hat auch noch nie einen Menschen gegeben, in dem die Gerechtigkeit ein Teil von ihm selbst war, und das ganze Menschengeschlecht wird in Paulus‘ eigener Deklaration in Bezug auf sich selbst mit seiner ganzen zeremoniellen Gerechtigkeit zusammengefasst: «Denn ich weiß, dass in mir, d.h. in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt».
Nun, Christus, der einzige, der dazu imstande war, hatte das Gesetz kraft seiner ihm eigenen Gerechtigkeit restlos erfüllt, und, indem er Gott zufrieden gestellt hatte, und dies nicht nur äußerlich, zeremoniell, theoretisch, sondern inwendig als der, der gerecht, d.h. ohne Sünde war, hatte er in seiner eigenen Person das Gesetz erfüllt und es aus dem Wege geräumt. Das war erledigt. Gott wollte es bloß erfüllt sehen, und dann konnte er es beiseite legen. Christus hatte es erfüllt und es aus dem Wege geräumt und damit eine neue Heilszeit eingeführt, nicht mehr des Gesetzes, sondern der Gnade. Er hat ein neues Regime eingeführt, in dem nicht mehr das «du sollst nicht» und «du sollst» regierte, wo nicht eine systematisierte Gesetzlichkeit herrschte, sondern die Gnade, und so besteht die neue Heilszeit im Glauben an Christus; Glaube an Christus als denjenigen, der jede Forderung, die Gott je an den Menschen gestellt hatte, erfüllte, und der deshalb Gott zugunsten aller Menschen zufrieden stellte; Glaube, dass in ihm alle, die glauben, zusammengefasst und repräsentiert werden, und dass Gott mit all diesen in ihm zufrieden gestellt ist. Er hat die Gerechtigkeit zustande gebracht, die Gott im Menschen forderte, und Gott ist befriedigt. Er hat es als Mensch für die Menschen zustande gebracht, und Gott ist vollkommen befriedigt und zufrieden.
Nun ist dieser Christus, mit dem der Vater bezüglich der Angelegenheit der Gerechtigkeit vollkommen befriedigt ist, im Innern des Gläubigen anwesend; so hat also der Gläubige in Christus alle Gerechtigkeit in ihm; Gott ist zufrieden gestellt. In sich selbst ist der Gläubige so wenig gerecht wie je zuvor, doch befindet sich der Gerechte in ihm drin. Gott blickt nicht auf uns, er blickt auf seinen Sohn in uns. Und so lebt also Christus in uns, und Paulus sagt im Grunde: «Jetzt lebe ich nicht mehr so, dass ich mich am Gesetz festhalte, sondern ich halte mich an Christus fest, und das, womit ich mich an Christus festhalte, ist der Glaube». «Und das Leben, das ich jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben, nämlich in dem Glauben an den Sohn Gottes». «Ich halte mich im Glauben an ihm fest, und so lebe ich». Es gibt keine Verdammnis mehr, und darum auch keinen Tod mehr; denn jetzt herrscht die Gerechtigkeit, und wo die Gerechtigkeit herrscht, da gibt es keine Verurteilung mehr. Es gibt in ihm keine Sünde, und weil es in ihm keine Sünde gibt, haben Tod und Gericht keine Macht über ihn, sie stehen in keiner Beziehung zu ihm. Er ist da, und darum ist der, der in der Kraft eines unzerstörbaren Lebens lebt, also unangreifbar. «Ich lebe, indem ich mich im Glauben an ihm festhalte». Wie? Indem ich, wenn der Verkläger kommt, um eine mir eine Anklage vor die Türe zu legen, um mich damit der Verdammnis und dem Tod auszuliefern, sage: «Christus ist meine Gerechtigkeit». Wenn der Verkläger mich mit einem feurigen Pfeil angreift und sagt: «Du gefällst dem Vater gar nicht» (vorausgesetzt natürlich, dass ich dann nicht willentlich der Sünde nachgegeben habe im Wissen, dass das, was ich tue, dem Herrn missfällt, und der Feind allen Grund hat, mir das Gefühl zu vermitteln, dass ich dem Herrn nicht gefalle, um mich dem Tod auszuliefern), dann antworte ich: «Christus, der dem Vater an meiner Stelle gefällt, lebt in mir, und an ihm hat der Vater sehr wohl Gefallen, und er lebt in mir»; und wenn ich mich durch Glauben an ihm festhalte, wenn ich mich mit ihm verbinde, dann werde ich, statt zu sterben, leben; ich werde triumphieren, statt unter die Verdammnis zu geraten; und in diesem Sinne ist Christus in mir das Leben, das Leben, das wir jetzt leben. Wir leben im Triumph, nicht indem wir gegen die Sünde kämpfen, und nicht dadurch, dass wir versuchen, es dem Teufel auf unserem eigenen Grund zurückzugeben, sondern indem wir ihm Christus präsentieren und uns an dem Christus in uns festhalten, durch Glauben.
Christus ist die Befriedigung Gottes in unseren Herzen. Was wollt ihr mehr? Und der Glaube hält sich an ihm als Gottes Befriedigung fest. «Ich bin mit Christus gekreuzigt» - Warum denn immer wieder mich durchstöbern? «... und nicht mehr lebe ich» Warum dann immer wieder der Versuch, mir etwas zur Last zu legen? «Er, der gestorben ist, ist von der Sünde freigesprochen worden» «sondern Christus lebt in mir». Wenn ihr ihm Sünde zur Last legen könnt, und wenn ihr ihn für die Sünde verantwortlich machen könnt, dann gibt es für mich keine Hoffnung; aber insofern er all das für den Vater ist, was der Vater in mir fordert, und ich ständig das Band des Glaubens an das festhalte, was er für den Vater für mich ist, lebe ich. Ich sterbe nicht, er ist mein Leben; er wird in diesem Sinne zu meinem Leben. Ihr seht, es ist etwas mehr als nur dies, dass wir Christus als die vitale Energie in uns betrachten, die uns am Leben erhält. Es gibt einen großen Hintergrund für diese ganze Angelegenheit. Es fasst all das zusammen, was Christus in seiner Person dem Vater gegenüber ist, und alles, was Christus in seinem Werk am Kreuz getan hat, um den Vater zufrieden zu stellen, und das wird uns vermittelt, damit es unser innewohnendes Teil werde, und dann verbindet sich der Glaube damit, er hält sich daran fest, und wir leben, «und das Leben, das ich jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat».
Das hat ein sehr großes Stück des Wortes Gottes in einen kleinen Umfang gebracht, aber ich habe den Eindruck, es sei etwas, bei dem wir verweilen sollten. Seht ihr, worum es hier geht, ist dies, dass der Herr Jesus als unser Leben in seine zentrale und überragende Stellung zurück gebracht wird, und nur, wenn er das ist, leben wir. Wir leben durch Christus. Christus ist in diesem Sinne unser eigentliches Leben. Oh, antwortet dem Ankläger mit Christus!
Die Wendung «Brustschild der Gerechtigkeit» ist nur eine metaphorische Art, eine Illustration, um diese Wahrheit zum Ausdruck zu bringen. Der Brustschild der Gerechtigkeit ist Christus. Er ist der Gerechte, er ist uns zur Gerechtigkeit gemacht worden, und es hilft nichts, wenn wir versuchen, dem Feind in uns selbst gegenüber zu treten, weder im Guten noch im Schlechten; wir müssen ihm mit Christus entgegentreten, wir müssen ihm jedesmal mit Christus antworten. Und wenn der Vater große Ansprüche an uns stellt, hat er in seinem Sohn von sich aus für all das gesorgt, was er benötigt, und er sagt zu uns: «Alles, was ich von euch verlange, ist, dass ihr beide Hände voll von Christus darbringt; bringt beide Hände voll von ihm in seiner Vollkommenheit, das befriedigt mich». Christus ist im Gläubigen als das Leben des Gläubigen zentral und überragend. Ich möchte, dass ihr mehr aus dem Herrn Jesus macht. Die ganze Betonung in diesen Worten liegt auf dem, was er im Gedanken Gottes ist; und wenn wir das auf lebendige Weise begreifen, nicht bloß als Lehre, sondern es mit dem Herzen begreifen, werden wir wissen, was Triumph bedeutet; wir werden das Siegesleben kennen lernen; wir werden erfahren, was Fülle bedeutet. Ihr Lieben, ich bin überzeugt, dass wir in dem Maße, mit dem wir uns mit dem Herrn Jesus selbst beschäftigen, triumphierende, siegreiche, überwindende Kinder Gottes sein werden, und nichts kann das ersetzen, was Christus ist.
Wir gehen nun zum dritten Aspekt dieser Innerlichkeit Christi weiter, der Hoffnung der Herrlichkeit. In Gal. 4,19 steht: «Meine Kindlein, um derentwillen ich aufs Neue Geburtswehen leide, bis Christus in euch Gestalt gewinnt». «Bis Christus in euch Gestalt gewinnt».
Zuerst haben wir: Christus in einer inneren Offenbarung; zweitens: Christus als inneres Leben; drittens: Christus nimmt inwendig Gestalt an. Nun, auch hier sind Unterscheidungen nötig. Es gibt einen ähnlichen Abschnitt in Römer 8, oder zumindest scheint er ähnlich zu sein. Der Wortlaut ist diesem ziemlich ähnlich, doch sind die beiden nicht von derselben Natur, obwohl sie auf dasselbe hinweisen. Hier ist es: «Die er zuvor erkannt hat, die hat er auch vorausbestimmt, dem Bilde seines Sohnes gleichgestaltet zu werden». Hier wird der Gläubige dem Bilde seines Sohnes gleichgestaltet. Hier nimmt also Christus im Innern Gestalt an. Es gibt Ähnlichkeiten, aber es gibt auch Unterschiede, und wir beschäftigen uns mit diesem hier im Galaterbrief wegen seiner eigenen, spezifischen Bedeutung und seinem besonderen Wert.
Nehmt nochmals den ganzen Galaterbrief zur Hand. Ruft euch seinen Gegenstand in Erinnerung, seht, welches Motiv den Apostel zum Schreiben veranlasst: es geht um die Korrektur eines Irrtums. Dass sie in den Irrtum verfielen, dass sie sich bezaubern ließen und unter den Bann einer Hexe gerieten, daran war die geistliche Unreife schuld. Diese Leute sind nicht weiter gekommen, wie sie im Herrn hätten weiter kommen sollen, und wegen ihrer hinausgezögerten Reife wurden sie eine (leichte) Beute der Sache, die sich dann abspielte. Nun legt der Apostel, da er schreibt, um den Irrtum zu korrigieren, seinen Finger auf die Wurzel der ganzen Angelegenheit, genau auf den wunden Punkt, und im Grunde sagt er: «All dies ist deshalb so gekommen, weil Christus in euch so unbestimmt ist». Folgt sehr genau der Metapher, und ihr werdet verstehen, was er sagen will. In Vers 19 liegt der Nachdruck auf dem Wort «gestaltet» bzw. «Gestalt gewinnen»: «Bis Christus in euch GESTALT GEWINNT». Es ist ein sehr starkes Wort. Was er sagt, ist dies: «Ja, Christus ist insofern in euch, als ihr ja Gläubige und Kinder Gottes seid, aber es ist ein unbestimmter Christus, ein gestaltloser Christus, ein Christus ohne entwickelte konkrete Gesichtszüge; er ist da, aber er hat in euch noch keine klare Kontur gewonnen, die typischen Erscheinungsformen sind noch nicht entwickelt, und weil dies so ist, ist alles so gekommen... diese Schwäche, und diese Veranlagung, sich irreleiten zu lassen; der Christus, den ihr habt, hat noch keine klare Gestalt gewonnen». Ihr seht, das ist etwas anderes als Römer 8,29. Jene Stelle weist auf unser fortschreitendes Wachstum hin, bis zum vollkommensten Bild Christi, des Sohnes Gottes. Das geht dort vor. Wir werden ihm durch Züchtigung, durch Leiden, durch Trübsale, durch Schmerzen, durch Disziplin gleichförmig, durch all die Dinge, denen der Herr erlaubt, über uns zu kommen, werden wir in sein Bild umgewandelt. Das geschieht tagtäglich, doch das ist in unseren Herzen sehr klar zu erkennen. Bei den Galatern gab es Verwirrung, Unentschiedenheit, weil sie noch nicht klar gesehen hatten, dass «Christus das Ende des Gesetzes ist für die, die glauben»; dass Christus tatsächlich einen scharfen Schnitt zwischen der alten und der neuen Heilszeit, zwischen der alten und der neuen Ordnung bedeutete; dass Christus das Gesetz erfüllt und aus dem Wege geräumt hatte. Sie hatten die klare Bestimmtheit Christi in ihrem Herzen noch nicht begriffen, und weil sie jene Gesichtspunkte der Bedeutung und des Werkes Christi noch nicht klar begriffen hatten, waren sie zur Beute von allem geworden, was so des Weges daher kam. Nun, es gibt viele vom Volk Gottes, die genauso sind. Sie werden zur Beute von allen möglichen Dingen, weil sie die klaren Implikationen Christi im Innern noch nicht erkannt haben.
Die Notwendigkeit für eine klare Wahrnehmung ChristiWarum werden so viele vom Volk des Herrn vom Ankläger geschlagen, belästigt und gequält, indem er sich fortwährend veranlasst, ihre Augen nach innen zu richten zur Selbstanalyse, zur bewussten Ausforschung des Innern, so dass sie sich die ganze Zeit mit sich selber beschäftigen; dass sie so an sich selbst gefesselt sind, dass sie für Gott und für andere Menschen unbrauchbar sind? Warum? Weil sie nie klar die Implikationen von Christus erkannt haben; dass Christus die Antwort an Gott ist zu ihren Gunsten in allem, was Gott je von ihnen fordert; das haben sie nicht durch Glauben begriffen. Das ist der Weg der Befreiung von uns selbst. Das ist die Befreiung vom Ich in Christus hinein. Noch immer befinden sie sich in einem unentschiedenen Zustand, indem sie versuchen, Gott Befriedigung zu verschaffen, und das ist ein furchtbarer Krampf. Sie haben die klaren Merkmale von Christus nicht gesehen. Christus hat ihn ihnen keine Gestalt gewonnen. Er ist (wenn ihr es erlauben wollt) ein gestaltloser, unbestimmter Bewohner. Es ist ziemlich schwierig, es zu erklären, aber vielleicht seht ihr, was ich meine. Sobald wir die klaren Implikationen des im Herzen wohnenden Christus erfassen, haben wir einen festgesetzten Ort erreicht, wir sind zu einem starken Ort gelangt, d.h. wir sind zu einem Ort gekommen, wo kein Gesetzesverfechter daherkommen und uns den Boden unter den Füßen wegfegen kann. Es ist das, was Johannes meinte, als er über die Antichristen und über das Volk Gottes sagte: «Ich frage mich, ob das stimmt, ob das wahr ist? Es sieht sehr danach aus». «Doch die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr habt nicht nötig, dass euch jemand belehre». Ihr wisst innerlich durch die Salbung, ob die Sache richtig oder falsch ist. Ihr könnt es vielleicht nicht in Worte kleiden, ihr seid vielleicht nicht immer imstande, die Sache zu analysieren und zu sagen, dies oder jenes daran ist falsch; ihr könnt nicht alles klar durchdenken; doch in eurem Herzen habt ihr das Zeugnis, dass irgend etwas daran ist, wovor ihr euch in Acht nehmen müsst. Es besteht ein riesiger Unterschied zwischen unseren Vermutungen und Vorurteilen und dem inneren Zeugnis. Versucht nicht, euren Verstand in irgend etwas hineinzuprojizieren; meint nicht, ihr müsstet eine voreingenommene Haltung einnehmen und alles in Frage stellen, um euch abzusichern; meint nicht, ihr müsstet um der Sicherheit willen Vorurteile haben. Wenn ihr im Geist wandelt, könnt ihr ein offenes Antlitz zeigen, einen offenen Sinn haben; ihr könnt furchtlos sein, denn die Salbung in euch wird euch lehren, ihr werdet jederzeit genau wissen, was gilt. Ihr werdet vielleicht nicht imstande sein, es zu definieren, aber ihr werdet sagen: «Da ist ein unfassbares Etwas in meinem Herzen; ich weiß es einfach». Dieses Wort wurde bezüglich der Antichristen gesprochen, über die das Volk des Herrn keine Gewissheit hatte - «die Salbung wird euch belehren». Das heißt, Christus im Innern Gestalt werden zu lassen. Ihr kommt zu einem klaren, entschiedenen Ort. Die Merkmale Christi sind definiert, klar ausgezogen worden; die Sinne sind trainiert worden; christusähnliche Fähigkeiten wurden entwickelt. Es ist nicht mehr ein gestaltloses Etwas, sondern etwas sehr Klares: der Christus hat im Innern Gestalt gewonnen. Paulus sagt: «Ich leide Pein, ich mache Geburtswehen durch wegen euch, meine Brüder, euer Zustand versetzt mich in Wehen, damit ihr an einen Ort gelangt, wo Christus in euren Herzen definiert wird; wo er Gestalt gewinnt und kein gestaltloser Christus mehr bleibt.» Das ist die Bedeutung von Galater 4,19.
4. Christus nimmt Wohnung im InnernUnd dann das Nächste, der vierte Punkt. Eph. 3,17: «Damit der Christus durch Glauben in euren Herzen wohne; damit ihr, in Liebe gewurzelt und gegründet, gestärkt werden mögt, um mit allen Heiligen .... zu erkennen». «Damit Christus durch Glauben in euren Herzen wohne». Nun, hier habt ihr einen Fortschritt gegenüber allem übrigen. Vielleicht könnt ihr es nicht sehen, aber es ist dennoch ein Fortschritt. Es steht hier nicht, Christus möge in euren Herzen Wohnung nehmen. Auch steht hier nicht, Christus möge in euer Herz kommen. Und es heißt auch nicht, Christus möge in euren Herzen einen Unterschlupf, eine Bleibe finden. Vielmehr heißt es: «Christus möge in euren Herzen wohnen», und der griechische Ausdruck meint im Herzen «sich häuslich einrichten» oder «sich niederlassen». «Damit Christus sich in eurem Herzen häuslich einrichtet». Das etwas mehr als sich bloß darin aufhalten, es ist etwas mehr als bloß zu kommen und dort zu sein. Nicht jedes Haus ist auch ein Zuhause.
Einige von euch werden zu unsere Gedanken über «Bethanien» zurückkehren, und ihr erinnert euch sicher daran, wie wir von allem Anfang an bei dieser Betrachtung über Bethanien gezeigt haben, dass, wenn er kam - er, der alles erschuf - er zu den Seinen kam, und dass diejenigen, die die Seinen waren, ihn nicht aufnahmen, so dass er in Bezug auf seine Gegenwart hier auf Erden sagen musste: «Füchse haben Höhlen, und die Vögel der Luft haben Nester; doch der Sohn des Menschen hat nichts, wo er sein Haupt hinlegt». Das war seine Situation in dieser Welt. Doch er kam nach Bethanien, und er kam wieder und wieder - und angesichts größter Anspannung, als die Dinge gegen Ende ihn immer mehr in Bedrängnis brachten - so war doch sein ständiger Rückzugsort Bethanien. Das einzige Zuhause, der er hier auf Erden zu haben schien, war Bethanien. Der Grund war der, dass dort sein Herz befriedigt wurde. Eine war dort, die «anhaltend zuhörte». Wie wir damals aufgezeigt haben, lautet die wörtliche Übersetzung dieser Stelle: «Sie hörte fortwährend seinen Worten zu». Ihn verlangte es nach jemandem, er wünschte sich einige Herzen, in die hinein er all das schütten konnte, was in ihm selbst war, und er wollte da Wertschätzung und ein Darauf Eingehen finden - und genau das fand er in Bethanien - wenigstens beim besseren Teil. Dort fand er die Herzensbefriedigung, weil man ihm zuhörte, weil man auf ihn einging, und weil man ihm das Gefühl gab, dass es das größte aller Privilegien war, ihn bei sich zu haben. «Dass Christus sich häuslich in euren Herzen einrichten möge».
Wir gleichen sehr oft der Martha, bevor sie die richtige Haltung einnahm (Gott sei dank gelangte sie zu dieser richtigen Einstellung, denn das letzte Bild von Bethanien ist dies, dass Martha zwar noch immer diente, doch sind die Verhältnisse jetzt in Ordnung; die äußeren Aktivitäten überlagern die geistlichen Aktivitäten im Innern nicht mehr; die Dinge wurden also in Ordnung gebracht); sie gleichen Martha, bevor sie sich zurechtbringen ließ, wir tun eine Menge Dinge für den Herrn, während dem der Herr sich bloß nach einer Gelegenheit sehnt, dass man ihm zuhört. Oft möchte der Herr zu uns sagen: «Ja, ich weiß, ihr glaubt, ihr wärt für mich sehr beschäftigt, und ich weiß, dass ihr glaubt, das alles für mich zu tun, ich weiß, dass euer Motiv richtig ist, und ich schätze das auch, aber wenn ihr mir doch nur eine Chance geben würdet, euch ein paar Dinge zu sagen; oh, wenn ihr mir doch nur eine Gelegenheit geben würdet, zu euren Herzen zu sprechen, euch Dinge zu zeigen, die ihr nicht kennt, die einen so großen Unterschied machen würden». Und das ist die Erklärung dafür, dass wir zuweilen beiseite gerufen werden. Er möchte uns von den fieberhaften Aktivitäten des «vielen Geschirrs» weg an einen Ort ziehen, wo man ihm zuhört. Aber wieviel besser wäre es, wir würden ihm diese Chance von uns aus geben, ohne dass er sie sich selber verschaffen muss. Wir müssen das Risiko eingehen, missverstanden zu werden, scheinbar nichts zu tun, genau wie Maria missverstanden wurde. Manchmal befürchten wir, dass die Leute denken möchten, wir würden uns gehen lassen, weil wir uns mit dem Herrn ein bisschen weiter zurückziehen. Schon gut, der Herr weiß es. Doch merkt euch: Er kommt nur dahin und richtet sich nur da häuslich ein, wo er das findet. Das ist etwas mehr, als Christus bloß als Gast zu haben (vergebt mir, wenn ich es so formuliere). Es geht darum, dass Christus im Herzen zuhause ist, dass er sich dort häuslich eingerichtet hat. Bittet den Herrn, er möge dies auf euch anwenden, wie es in eurem Falle nötig ist. Ihr Schwerarbeiter, denkt daran, dass all eure Arbeit im Sinn des Herrn nie den Platz einer Gelegenheit einnehmen darf, nach der er sich sehnt, wo es ihm möglich wird, größere Dinge in euer Herz hinein zu sprechen. Eure Aktivitäten entbehren jeglicher Vitalität, es sei denn, ihr gebt ihm Zeit, zu sprechen, und er einen Widerhall findet, der ihn zu neuen Enthüllungen bewegt.
5. Christus im Gläubigen verherrlichtZum Schluss noch 2. Thess. 1,10: «Wenn er kommt, um in seinen Heiligen verherrlicht und in all denen bewundert zu werden, die glauben». «Und in all denen angestaunt zu werden, die glauben». Es ist die Vollendung Christi im Innern. Meint ihr nicht auch, dass dies eine wunderbare Aussage ist, dass hier etwas Wunderbares ausgesagt wird? Ja, wir erwarten, dass er in Herrlichkeit wiederkommt, wir erwarten, den verherrlichten Christus zu sehen, doch wirkt er etwas in der Zwischenzeit, das bedeutet, dass, wenn er erscheint, seine Herrlichkeit in den Heiligen zum Ausdruck kommen wird. Nicht nur der objektive Christus wird in Herrlichkeit wiederkommen, sondern auch der subjektive Christus wird in Herrlichkeit erscheinen. «Wenn wir also mit ihm leiden, werden wir auch mit ihm verherrlicht werden». Er hat gebetet, dass wir seine Herrlichkeit sehen möchten, und er wird IN den Heiligen verherrlicht und IN denen angestaunt werden, die glauben.
Es war - vom weltlichen Standpunkt aus gesehen - ein gewöhnlicher palästinensischer Hirte, der eines Tages den Hang hinauf auf einen Berg gestiegen ist. Es mag etwas Verblüffendes, etwas Eindrückliches an ihm gewesen sein, doch zum größten Teil war er wie jeder andere Mensch. Er erreichte den Gipfel dieses Berges, und plötzlich blitzte er hell auf und erglänzte in himmlischer Herrlichkeit, seine Kleider veränderten sich, sie wurden weiß und gleißend; er wurde verherrlicht, plötzlich von einem gewöhnlichen Menschen - wie die Welt es ausdrücken würde - zur Herrlichkeit Gottes verwandelt; alles geschah plötzlich, so dass diejenigen, die dabei waren, verwirrt wurden und anfingen zu reden, ohne zu wissen, was sie sagten. Sie waren völlig weggetreten, wie wir gewöhnlich sagen. Nun, ihr Lieben, dieser Christus ist in uns. Wir sind unter Menschen ganz gewöhnliche Leute, da ist nichts Auffallendes, nichts Hervorragendes, nichts Außerordentliches an uns, doch einmal wird der Augenblick kommen, wo das, was auf dem Berg der Verklärung mit Jesus geschehen ist, uns widerfahren wird. Christus in uns wird in Herrlichkeit von uns ausstrahlen, und so wie jene auf dem Berg der Verklärung ihn anstaunten, so wird er in all denen angestaunt werden, die glauben. Das ist das Ende von «Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit». Die Hoffnung jener Herrlichkeit ist Christus in euch. Mit andern Worten: Christus zentral und überragend. Vom Anfang bis zur Vollendung des Lebens des Gläubigen hängt alles davon ab.
Wir sollten alle fünf Stufen noch einmal durchgehen und zur Kenntnis nehmen, dass alles, was jede von ihnen repräsentieren, eine Forderung an uns ist. Macht das für euch selbst. Ihr werdet sehen, dass Christus als der in den Gläubigen Geoffenbarte ein gefangen gesetztes Gefäß bedeutet. Saulus von Tarsus wurde an dem Tage zum Gefangenen, als ihm Gottes Sohn geoffenbart wurde. Von jenem Tag an war er ein gefangener Mensch. Er nannte sich selbst den «Gefangenen Jesu Christi». Ihr und ich, wir müssen uns gefangen nehmen lassen.
Was der «Christus in euch» fordertDass Christus als unser Leben in uns lebt, setzt ein gekreuzigtes Gefäß voraus. «Ich bin mit Christus gekreuzigt - gefangen - worden» - eben gekreuzigt. Dass Christus im Innern Gestalt gewinnt, bedeutet ein Gefäß, das mit dem Herrn voran geht, das nicht dort steht, wo sich die Galater befanden, sondern das weiter geht. Dass Christus sich im Herzen häuslich einrichtet steht damit in Verbindung, dass wir in der Liebe gewurzelt und gegründet sind, und dann folgt die Wendung «mit allen Heiligen». So ist die Gemeinschaft im Leib Christi und die gegenseitige Liebe zu einander ein Bethanien-Prinzip, das dazu führt, dass Christus sich niederlässt. Und so repräsentiert jede einzelne Stufe ihre eigene Verantwortlichkeit und Forderung, bis ihr zur Vollendung kommt; und der Kontext von jeder einzelnen zeigt euch, worin die Forderung besteht. Am Ende redet dieser Thessalonicherbrief von ihrem Leiden, von ihrem fröhlichen Leiden um des Erlösers willen. Und in der Tat mussten sie leiden, weil sie sich von den Götzen abgewandt hatten, um dem lebendigen Gott zu dienen und auf seinen Sohn aus der Herrlichkeit zu warten, und sie litten, aber sie litten fröhlich. Und die Vollendung der Herrlichkeit bezieht sich auf die Treue durch Leiden. Ihr seht, es besteht eine Forderung für jede einzelne Stufe. Ihr könnt euch die Sache noch näher ansehen.
Möge der Herr das in uns finden, was seinem Vorsatz entspricht und was die Verwirklichung seines Herzensgeheimnisses ermöglicht: «Christus in euch», zentral, überragend, «die Hoffnung der Herrlichkeit».
In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.