Austin-Sparks.net

Die Zentrale und überragende Stellung des Herrn Jesus Christus

von T. Austin-Sparks

Kapitel 1 - Die zentrale und überragende Stellung des Herrn Jesus Christus

Schriftlesung: Kolosser 1,9-29.

Die Klammer im 13. Vers repräsentiert weitgehend das, was mir für diese Zeit hier aufs Herz gelegt wurde: «Der Sohn seiner Liebe»; dann aber auch das, was folgt, die Stellung, die er nach dem Willen des Vaters innehat - «Er ist vor allem, und alle Dinge haben ihm ihren Bestand» und er soll in allem den Vorrang haben; dann: «Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit». Ich denke, wir können sehr wohl all dies in dem Satz zusammenfassen: «Die zentrale und überragende Stellung des Herrn Jesus Christus», und damit können wir uns für den Rest unseres Lebens beschäftigen, nicht nur für diese Zeit hier.

Und so werden wir uns also bei der zentralen und überragenden Stellung des Sohnes Gottes aufhalten, so wie der Herr uns befähigen wird. Das Wort Gottes stellt vier Bereiche ins Blickfeld, in denen dieser Gedanke und Vorsatz Gottes hinsichtlich des Sohnes seiner Liebe verwirklicht werden soll. Da ist einmal der Bereich des individuellen Lebens des Gläubigen selbst; dann aber ist da auch der Bereich der Gemeinde, die sein Leib ist; an dritter Stelle steht der Bereich der Königreiche dieser Welt, die Nationen der Erde; und an vierter Stelle schließlich soll Christus im ganzen Universum zentral und überragend sein, im Himmel und auf Erden und in dem, was unter der Erde ist.

Wir werden wohl in der Zeit, die uns in diesen Tagen zur Verfügung steht, nicht in all diese Bereiche vordringen und erkennen können, was das Wort Gottes über den Herrn Jesus in Bezug auf sie zu sagen hat, doch werden wir uns so voran bewegen, wie der Herr uns befähigt, und vielleicht den ersten oder zweiten Bereich drannehmen. Doch bevor wir mit dem ersten beginnen, möchte ich euch noch einmal an folgendes erinnern:

Die zentrale und überragende Stellung des Herrn Jesus
ist der Angelpunkt und er Schlüssel für die ganze Schrift

Natürlich hat uns der Herr Jesus selbst das gesagt. Von Lukas 24 wissen wir, dass es so ist. Da erfahren wir, dass er Moses, die Psalmen und alle Propheten vornahm und darin aufzeigte, was da über ihn gesagt wurde. Wenn wir also das Wort Gottes lesen, sollten wir, wo immer wir gerade in unserer Lektüre sind, uns die Frage stellen und sie immer in unserem Sinn tragen: «Was hat das mit Christus zu tun?»; und wenn ihr diese Frage in eure Lektüre hereinnehmt, wo immer ihr auch gerade lesen mögt (und das ist nicht ohne Absicht gesagt), werdet ihr sofort ein neues Verständnis des Wortes gewinnen, ihr werdet bei eurer Lektüre einen neuen Wert erleben; denn die Schrift, und die GANZE Schrift, ist es, die von ihm redet; und selbst wenn ihr manchmal Schwierigkeiten habt, ihn aufzuspüren, so ist er dennoch da. Der kumulative Effekt aller Teile des Wortes Gottes besteht darin, uns zu Christus zu bringen. Ihr dürft das Wort Gottes nicht als Geschichte, als Erzählung, als Prophetie oder als irgend etwas anderes im Sinne eines separaten Themas lesen, sondern solltet euch stets die Frage stellen: «Was hat das mit Christus zu tun?», und solange ihr nicht herausgefunden habt, was es mit Christus zu tun hat, habt ihr den Schlüssel nicht gefunden. Vielleicht denkt ihr nun an bestimmte Teile der Schrift, die schwer verständlich sind. Ihr denkt möglicherweise an das Buch der Sprüche, und ihr sagt: «Was hat das mit Christus zu tun?» Eine kleine Bemerkung kann dieses Buch sofort für euch ins Licht Gottes stellen. Sooft ihr das Wort «Weisheit» vorfindet, ersetzt das Wort «Weisheit» durch «Christus», und das Buch ist völlig verändert und ihr habt das Wesentliche gefunden - und ein solches Vorgehen ist völlig legitim, völlig in Ordnung, völlig richtig, eure Lektüre wird es euch bestätigen. Er ist die Weisheit Gottes, der ewige Logos Gottes. Nun, wir erwähnen das nur im Vorbeigehen, denn was wir eigentlich anstreben, ist, die zentrale und universelle Stellung des Herrn Jesus zu erkennen. Er ist, durch göttliche Bestimmung, das Zentrum von allem in diesem Universum, von jedem Bereich und jedem Aspekt, und er ist auch seine Erklärung.


Sie ist auch die Erklärung für die Inkarnation

Das trifft nun nicht nur auf die Schrift zu, sondern es ist auch das Ziel und die Erklärung für seine eigene Fleischwerdung. Wenn ihr die Person, das Leben und das Werk des Herrn Jesus studiert, dann muss eine göttliche Suche in eurem Herzen sein, und diese Suche muss diejenigen Gesichtspunkte betreffen, die Universalität andeuten. Geht noch einmal mit diesem Gedanken an die Lektüre des Lebens des Herrn Jesus; und ihr werdet kein Verlangen nach hilfreichem, nutzbringendem Bibelstudium haben, sondern werdet feststellen, dass die Dinge sich auf eine Weise auszuweiten beginnen, die euren Horizont zurückwirft und euer Herz erweitert, und die euch das Wunder Christi empfinden lässt. Wenn ihr nach Gesichtspunkten der Universalität Ausschau haltet, werdet ihr nicht sehr weit kommen, bevor ihr sie findet. Ihr könnt sie in den prophetischen Aussagen hinsichtlich seiner Inkarnation nachzeichnen. Ihr könnt sie in der Ankündigung aufspüren; ihr findet sie in den Worten seines Vorläufers bei seiner Einführung. Auch findet ihr sie bei seiner Geburt mit allem, was damit verbunden ist und allen Vorkommnissen im Zusammenhang damit; das ganze Universum ist da und nimmt teil. So ist es auch bei seiner Beschneidung. Im Licht der übrigen Schrift, die wir nun als Neues Testament vor uns haben, könnt ihr feststellen, dass es selbst bei seiner Beschneidung universelle Gesichtspunkte gibt, ja sogar bei seiner Darbringung im Tempel. Bei seinem Besuch in Jerusalem, bei seiner Taufe, seiner Salbung mit dem Geist, seiner Versuchung, seiner Lehre, seinen Werken, seiner Verklärung, seiner Passion, seinem Tod, seiner Auferstehung, seiner Erhöhung, bei seiner Sendung des Geistes, seiner gegenwärtigen Aktivität und seiner Wiederkunft steht vollständig das Universelle im Blickfeld. Jedes einzelne dieser Dinge wird von universellen Gesichtspunkten gekennzeichnet, es sind Dinge, die bis zu den Grenzen des Universums hinreichen, und die alle Zeitalter, alle Ewigkeiten und alle Bereiche umfassen. Das ist für die meisten von uns kein ungewöhnlicher Grund, aber ich sage es noch einmal, um die Art und Weise, auf die wir den Herrn Jesus betrachten sollten, frisch in unser Gedächtnis zu bringen.

Wir versuchen nicht, ihn größer zu machen als er ist, doch versuchen wir, seine wahren Dimensionen zu erreichen; und das wahre Bedürfnis des Volkes Gottes besteht darin, eine neue Wahrnehmung von der Größe ihres Christus zu bekommen, eine neue Wertschätzung des Sohnes von Gottes Liebe - und was für ein mächtiger, majestätischer, glorreicher, wunderbarer Sohn er ist - um dann daran erinnert zu werden, dass dieser Sohn uns gegeben wurde. Das wir uns emporheben, das wird uns erweitern, es wird eine ganze Menge Dinge verrichten, wie wir sehen werden, wenn wir weiterfahren.


Die zentrale und überragende Stellung Christi
im Leben des Gläubigen

Wenn wir nun zu diesen spezifischeren Anwendungen dieser Universalität auf seine bereits erwähnt zentrale und überragende Stellung kommen, nehmen wir zuerst seine zentrale und überragende Stellung im Leben des Gläubigen an die Reihe. Werfen wir nochmals einen Blick auf dieses Wort - «Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit». Ihr werdet aufgrund des Kontextes feststellen, dass das erste Kapitel des Kolosserbriefes uns direkt in den Sinn und das Herz Gottes zurückversetzt, bevor die Welt war, und es wird uns gezeigt, was im Sinn und im Herzen des Vaters hinsichtlich seines Sohnes vorging. Es wird das «Mysterium» genannt, das heißt, das göttliche Geheimnis. Es ist beeindruckend zu erkennen, dass bevor irgend eine schöpferische Tätigkeit begann, Gott ein Geheimnis in seinem Herzen hegte, der Vater hatte ein Geheimnis, etwas, das er noch keinem gezeigt hatte, über das er noch mit keinem geredet hatte, ein wohlgehütetes Geheimnis; es bezog sich auf seinen Sohn. Aus dem Geheimnis seines Herzens hinsichtlich seines Sohnes ging jede Aktivität Gottes hervor, und durch die Zeitalter hindurch war er mit vielen Dingen beschäftigt, mit vielen Formen und Wegen, er arbeitete mit seinem Geheimnis, er verbarg sein Geheimnis in diesen vielen Aktivitäten, in jenen vielen Formen und Wegen seines Selbst-Ausdruckes, und nie gab er preis, worin sein Geheimnis bestand, nie proklamierte er, was in seinem Herzen war, mit so vielen Worten, sondern er hielt es verborgen, er verbarg es im Innern von Symbolen, Typologien und vielen andern Dingen; sie alle hielten ein Geheimnis verwahrt, «das Mysterium». Dann endlich, in der Fülle der Zeit, am Ende jener Zeiten, sandte er seinen Sohn, den Sohn seiner Liebe; dann gefiel es ihm, durch die Offenbarung des Heiligen Geistes das Geheimnis bekannt zu machen, es gefiel ihm, das Geheimnis zu enthüllen, und das erste Kapitel des Kolosserbriefes ist die unerreichte, unvergleichliche Enthüllung des Geheimnisses von Gottes Herzen bezüglich des Sohnes seiner Liebe, dessen, was dieses Geheimnis war. Alles wird in diesem Wort zusammengefasst, jedes Fragment davon: «damit er in allem den Vorrang habe». «In ALLEM»; und dann - und das scheint mir das Wunder von allem zu sein, es ist etwas, das so sehr jenseits allen Begreifens liegt - dass all dies, das ewige Herzensgeheimnis Gottes in seiner mächtigen Bedeutung und Auswirkung, den Anfang seiner Verwirklichung im einzelnen Herzen jedes Gläubigen haben soll. Insofern die tatsächliche und praktische Verwirklichung des Mysteriums, des Geheimnisses Gottes gemeint ist, so nimmt es seinen Anfang im Herzen des einzelnen Gläubigen. Dieses Mysterium ist folgendes: «Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit». Dieses Geheimnis Gottes, diese Sache, die Gott von Ewigkeit her in seinem Herzen hatte, lautet: «Christus in euch». Ich möchte das noch einmal betonen. Das, was von Ewigkeit im Herzen Gottes verborgen war, musste, um es verwirklichen zu können, in der Zeit in unsere Herzen hineingepflanzt werden. Was im Sinn Gottes war vor Grundlegung der Welt, nahm seinen Anfang mit dem Empfang Christi durch Glauben im Herzen auf Seiten des Gläubigen, des einzelnen Gläubigen. Das ist nicht das Ende, das ist erst der Anfang. Was folgen wird, ist die Gemeinde, die sein Leib ist. Das war vorgesehen und war im ewigen Gedanken Gottes bereits vollständig vorhanden, und doch folgt es der Annahme Christi durch den individuellen Christen. Die Gemeinde, die sein Leib ist, ist nicht das Ende. Sie wird zum Zentrum eines anderen Bereiches, der Königreiche dieser Welt; die Nationen werden in ihrem Licht wandeln. Und wiederum wird auch dies nicht das Ende sein: es wird sich ins Universum hinaus ausdehnen. Nicht nur eine verherrlichte Menschheit, sondern auch die himmlischen Mächte und Heerscharen werden in Lichte dessen stehen. Doch wir kehren zum einzelnen Christen zurück.

Gott beginnt von innen. Paulus hat eine ganze Menge zu sagen bezüglich bezüglich dieses ewigen Gedankens Gottes im Hinblick auf Christus und seine zentrale Stellung beim Gläubigen, und er spricht hinsichtlich dieser Angelegenheit sehr breit von seinem eigenen Leben und seinem eigenen Ehrgeiz her, und so weit ich das sehen kann, fasst er das alles in fünf Hauptaspekten zusammen. Da ist die Offenbarung Christi im Innern; da ist das Leben Christi im Innern; da ist die Formung von Christus im Innern; da ist das Wohnungnehmen von Christus im Innern; und da ist schließlich die Vollendung Christi im Innern.

1. Die Offenbarung Christi im Innern

Als erstes die Offenbarung Christi im Innern. Ihr wisst, worauf wir uns beziehen: Gal. 1,15.16. Ihr blickt auf Vers 12 zurück und ihr seht gleich, was er bedeutet: «Denn ich habe es weder von einem Menschen empfangen, noch hat man mich es gelehrt, sondern durch Offenbarung Jesu Christi». «Es hat Gott wohlgefallen... seinen Sohn in mir zu offenbaren, damit ich ihn unter den Heiden predigen sollte». Nun, das repräsentiert die innere Seite der Erfahrung auf der Straße nach Damaskus. Es gab eine objektive, äußere Seite. Aber es gab auch eine innere Seite, in die er eintrat, weil es bereits in ihn herein gekommen war, und ich glaube, diese innere Seite beschränkte sich nicht bloß auf den Augenblick, als das Licht vom Himmel, heller als das Sonnenlicht am Mittag, überhell aufleuchtete; das war möglicherweise sehr kurzlebig, schnell vorübergehend. Mir scheint, dass diese innere Seite drei Tage lang andauerte. Er war drei Tage blind, ohne Augenlicht, und dennoch sah er. Ihr stellt fest, dass der Zusammenhang der war, dass, «als es Gott wohlgefiel... seinen Sohn in mir zu offenbaren... SOGLEICH» - und wenn ihr auf Apostelgeschichte 9 zurück blickt, ihr feststellen könnt, dass am Ende der drei Tage, als Ananias hereintrat und ihm die Hände auflegte und er sein natürliches Augenlicht wieder erhielt, ihm Jesus Christus auf innere Weise enthüllt wurde. Es gefiel Gott, seinen Sohn in ihm zu offenbaren. Wir werden nie wissen, was jene drei Tage für Saulus bedeuteten, drei ungeheure Tage, wir können wohl sagen, drei schreckliche Tage. Er sah den Herrn Jesus auf innere Weise, und als er ihn im Innern gesehen hatte, verkündete er sogleich, dass Jesus Christus der Sohn Gottes sei; sofort.

Nun, ihr Lieben, für uns selbst gilt das Prinzip ebenso wie für Paulus, nämlich dass alles von einer inneren Offenbarung Jesu Christi abhängt. Unser Leben als Kinder Gottes wird dadurch konstituiert, und alles, was wir sind, und alles, was wir im Hinblick auf ihn tun, hängt von dieser inneren Offenbarung ab, deren Ergebnis seine zentrale und überragende Stellung ist, soweit es unser Leben betrifft. So ist es, selbst für religiöse Leute, denn Paulus war ein außerordentlich religiöser Mensch. Ich sage dies, weil oft eine Art mentaler Hick-Hack stattfindet, wenn wir von der Bekehrung von Paulus und deren radikalen Natur reden, und gewöhnlich wird die Haltung vertreten: «Nun gut, wir haben nie eine solche Erfahrung gemacht; Gott hat uns nie so behandelt wie er dies bei Saulus von Tarsus tat, daher kann man von uns nicht dasselbe erwarten; man kann das nicht als Grundlage für unser Leben fordern». Nun, trotz einer solchen mentalen Reaktion möchten wir es nochmals festhalten, dass das Gesetz zutrifft, und dass ihr nie Christen Christen oder Diener Gottes mit einem echten, geistlichen Leben und echter Effektivität sein könnt über das Maß unserer inneren Wahrnehmung des Herrn Jesus hinaus. Das ist für alles weitere grundlegend. Viele hatten keine gründliche Offenbarung oder Erkenntnis des Herrn Jesus, weil sie selbst in nichts gründlich sind. Saulus von Tarsus war gründlich, und der Herr verfuhr mit ihm auf dieser Grundlage, auf seinem eigenen Terrain, und weil so gründlich war, ging der Herr auch bei ihm gründlich vor. «Dem Widerspenstigen gegenüber zeigst du dich widerspenstig», und genau das tat der Herr. Wenn wir, ihr und ich, mehr oder weniger sorglos sind in geistlichen Dingen, wird uns der Herr auf diesem Terrain begegnen, und wir werden es nie zu irgend etwas bringen; wenn wir jedoch an den Punkt gelangen, wo wir uns für die Interessen des Herrn bis zur letzten Unze verzehren lassen, selbst wenn wir damit falsch lägen, aber uns dennoch bis zum letzten ausgäben, wird Gott uns auf diesem Grund begegnen. Trifft es nicht bei so vielen zu, dass der Herr sie an den Ort bringen musste, wo es zu einer verzweifelten Frage wurde, wo Leben oder Tod von einer neuen Erkenntnis seiner selbst abhing? Er konnte ihnen diese innere Enthüllung erst gewähren, als sie kein Leben mehr besaßen, es sei denn, sie empfingen eine neue Erkenntnis des Herrn. Sie wollten nicht mehr leben, es sei denn, der Herr käme auf eine neue Weise zu ihnen. Ich denke, der Herr wirkt oft auf diese Weise, um dies herbeizuführen. Nun, selbst für religiöse Leute gilt dieses Prinzip, dass nämlich alles nicht von unserer Religion, nicht von unserem religiösen Eifer, sondern von der inneren Offenbarung des Herrn Jesus Christus, des Sohnes von Gottes Liebe, abhängt. Christus bringt die Herrlichkeit Gottes auf seinem Angesicht in unser Herz, sagt der Apostel; genauso wie Moses die Herrlichkeit auf seinem Angesicht vom Berg ins Lager herab brachte. Diese Herrlichkeit Gottes ließ ihn vor dem Volk wie Gott erscheinen, denn der Herr sagte: «... du sollst für ihn der Mund, und er soll für dich Gott sein». «Du sollst für dies Volk Gott sein, du sollst vor mir stehen». So bringt der Herr Jesus auf seinem Antlitz auf eine noch wahrere, vollständigere, innere Weise die Herrlichkeit Gottes in unsere Herzen. «Denn Gott... ist in unseren Herzen aufgeleuchtet zum Licht der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi».

Alles wird durch diese Innerlichkeit getestet

«... damit ich ihn ... verkündige». Alles hängt davon ab. «Es gefiel Gott wohl... seinen Sohn in mir zu offenbaren, damit ich ihn ... verkündige», oder ihn proklamiere; unterstreicht das zweitletzte Wort «ihn», denn das trifft das Herz von allem, das befragt alles, das wiegt den Wert von allem ab - ihn! Seit den Tagen von Paulus bestand so vieles von christlicher Aktivität in der Förderung einer Bewegung, im Propagieren einer Lehre, im Fördern der Interessen einer bestimmten Institution. Es geht nicht um eine Bewegung, nicht darum, auf Erden eine Bewegung zu gründen und Nachfolger, Anhänger, Mitglieder zur Unterstützung zu gewinnen. Es geht nicht um eine Institution, auch wenn diese Institution «Kirche» oder «Gemeinde» heißen sollte. Die Gemeinde hat in der Vorstellung Gottes keine Existenzberechtigung abgesehen von der Offenbarung Jesu Christi, und sie wird nach dem Maß beurteilt, in dem Christus, der Sohn von Gottes Liebe, durch ihre Existenz ausgewiesen wird. Es geht auch nicht um ein Zeugnis, wenn ihr damit eine bestimmte Form der Lehre, einer systematisierten Doktrin, meint. Nein, es geht nicht um ein Zeugnis. Lasst uns vorsichtig sein, was wir damit meinen, wenn wir von «dem Zeugnis» sprechen. Vielleicht haben wir in unserem Kopf eine bestimmte Konstellation der Wahrheit, und diese Wahrheit ist in eine bestimmte Phraseologie, in eine bestimmte Wortform, gekleidet, und das nennen wir dann «das Zeugnis»; in diesem Sinne handelt es sich nicht um das Zeugnis. Es handelt sich auch nicht um eine Denomination, aber auch nicht um eine «Nicht-Denomination», und es geht auch nicht um eine «Interdenomination». Es handelt sich auch nicht um das Christentum. Ebenso wenig um das «Werk» - o, ständig reden vor vom «Werk»: «Wie geht das Werk voran?» - wir geben uns dem Werk hin, wir sind am Werk interessiert, wir ziehen hinaus ins Werk. Es handelt sich auch nicht um eine Mission. Es ist ganz einfach Christus. «... damit ich IHN ... verkündige». Wäre dies zentral und vorrangig geblieben, dann hätten all diese schrecklichen, auseinander treibenden Eifersüchteleien nie eine Chance gehabt. Dieses ganze elende Chaos, das im organisierten Christentum von heute existiert, hätte es nie gegeben. Es ist nur so weit gekommen, weil irgend etwas an sich, etwas Spezielles, eine Bewegung vielleicht, eine Mission, eine Lehre, ein Zeugnis, eine Gemeinschaft den Platz von Christus eingenommen hat. Die Leute sind ausgezogen, um DAS zu fördern, um DAS in Angriff zu nehmen, um DAS zu errichten. Niemand würde es zugeben, aber es ist dennoch wahr, dass es heute nicht so sehr um Christus, sondern um unser Werk geht. Es ist so! Nun, ihr Lieben, eine innere Offenbarung ist das Heilmittel für all dies - sage ich damit etwas zu Hartes, etwas zu Verheerendes? - dass all diese Dinge existieren, zeigt die Abwesenheit einer angemessenen inneren Offenbarung von Christus. Wenn Christus, der Sohn von Gottes Liebe, im Herzen des Gläubigen zentral und überragend ist, dann stürzt so viel anderes ein, es muss zusammen fallen. Trennende Dinge müssen gehen, insofern es Dinge sind, die keine Kontroversen mit dem Herrn darstellen. Kontroversen mit Gott trennen, aber diese künstlichen Dinge, die aus der Aktivität des Menschen und daraus hervorgehen, dass er sich in Szene setzt, indem er sich in die Interessensphäre des Herrn hineindrängt, diese Dinge können nicht bleiben, wo eine angemessene innere Offenbarung des Herrn Jesus vorhanden ist; es kann sie nicht geben. Wir haben diese beiden Dinge vor uns: 1. Wegen der Offenbarung des Herrn Jesus in unseren Herzen haben wir eine Leidenschaft für ihn; 2. Wegen der Abwesenheit einer ausreichenden Offenbarung Christi in unseren Herzen sind wir hinter andern Dingen her, von denen wir zwar sagen würden, sie seien für ihn von Interesse, und sie geschähen für ihn, die aber niemals, niemals Gottes Herz zu befriedigen vermögen. Es ist die Befriedigung des Herzens des Vaters, die im Blickfeld steht.

Gottes ewiges Geheimnis

Von Ewigkeit her hatte Gott ein Geheimnis in seinem Herzen - ein Herzensgeheimnis. Ich sage deshalb ein «Herzensgeheimnis», weil dieser Begriff, diese Bezeichnung, «der Sohn seiner Liebe» mit dem Mysterium, dem Geheimnis verbunden ist. Es ging nicht um das, was Gott unternahm, um seinen zu einer offiziellen Person zu machen, in irgend einem offiziellen Sinne. Es ging auch nicht um irgend eine Aktivität (verzeiht mir, wenn es unehrerbietig erscheint) eines großen Management-Direktors des Universums, der versucht, jemanden vorzuschieben, an dem er besonderes Interesse gefunden hat. Nein, es ging um den Sohn seiner Liebe; sein Herz war in dieser Sache involviert, und es gab ein Geheimnis in seinem Herzen bezüglich seines Sohnes. Er ist der Liebling seines Vaters. Studiert die Schriftstellen, wo sich die göttliche Seite auf den Sohn bezieht, wo das Herz Gottes in Bezug auf seinen Sohn enthüllt wird, und ihr bekommt eine neue Wertschätzung dessen, wovon wir reden. Der Herr Jesus landete schließlich, als er jenes Gleichnis von den bösen Weingärtnern erzählte, bei der Sendung des Sohnes, und erinnert ihr euch, wie er es formuliert hat? «Zuletzt aber von allen sandte er seinen Sohn, und sagte, meinen Sohn werden sie respektieren». Warum sollten sie seinen Sohn respektieren? Weil er der Sohn des Vaters war. Wegen dem, wessen Sohn er war; wegen der Beziehung. Sie hatten alle Knechte böse zugerichtet, nun aber würden sie gewiss ihre Einstellung ändern, wenn der Sohn kommt; gewiss würden sie ihn anerkennen, ihn respektieren, ihm Ehre erweisen. Und weil sie dann sagten: «Dies ist der Erbe; kommt, wir wollen ihn töten und das Erbe an uns reißen»; wegen ihrer äußersten Verleugnung, wegen ihrer Verweigerung der Rechte Gottes, die sein Sohn repräsentierte, wurde ein so schweres Gericht über sie ausgesprochen.

Nun, es geht um den Sohn von Gottes Liebe, und was mit dieser ganzen Sache zusammenhängt, ist die Befriedigung des Herzens Gottes in Bezug auf sein ewiges Herzensgeheimnis. Das bildet die Grundlage von allem, was wir sind und was wir tun. Wir sind Gläubige aufgrund von «Christus in euch». Ja, aber der Christus in euch repräsentiert die Verwirklichung von Gottes Herzensvorsatz, das ist die Art, wie er es verwirklichen wird, das ist seine Art und Weise, wie er ans Ziel von dem kommt, was in der vergangenen Ewigkeit schon in seinem Herzen war: «Christus in euch». Wir können sagen, dass Gott sein Herzensverlangen hinsichtlich seines Sohnes nie verwirklichen kann, es sei denn, es gibt Gläubige, die Christus in ihr Herz aufnehmen. Deshalb geht es nicht darum, Menschen zum Christentum zu bekehren, oder sie zu Nachfolgern einer Bewegung zu machen; es geht darum, Christus, Gottes Herzensbefriedigung, zu empfangen. Dann muss für ihn alles, bei dem wir eine Stimme oder einen bestimmten Einfluss haben, bei dem wir irgend einen Teil in den Interessen Gottes übernehmen können, vollständig, aufs äußerste und stets dem Ausdruck Christi, der Offenbarung von Jesus Christus, dem Ins-Gesichtsfeld-führen von Christus dienen.

Ihr Lieben, wir sprechen vom einzelnen Gläubigen. Ich habe nicht das Recht, und auch ihr habt nicht das Recht, zu beanspruchen, ein Christ zu sein, es sei denn in dem Maße, wie Christus in mir und in euch zum Ausdruck gebracht wird; und die ganze Macht, das ganze Gewicht, der ganze Einfallsreichtum der Hölle wird dagegen aufgeboten. Gläubige haben mehr Anlass als irgend jemand sonst in der Welt, sie zu nicht-christusähnlichem Verhalten zu provozieren. Die Gläubigen haben viel mehr Angriffe zur Verfügung, sie aufzuwühlen und zu bewirken, dass sie Christus verleugnen als sonst irgend jemand. Die Hölle hat sich auf den Tod gegen die Offenbarung von Jesus Christus eingeschworen. Alles beginnt damit: Mit der Offenbarung von Christus im Innern.

Nun müssen wir das alles sehr stark in unseren Herzen haben, und zwar in seiner zwiefachen Auswirkung, in Leben und Dienst. «Wozu bin ich eigentlich hier?» «Warum trage ich den Namen Christi?» «Was bedeutet es, dass ich eine Beziehung zum Herrn habe?» «Worum geht es bei meiner Errettung?» Die Antwort lautet: Es geht nicht um meine Zufriedenheit, nicht um meine Befriedigung, nicht um meine Errettung als etwas für sich selbst, sondern um die Offenbarung Jesu Christi, um die Verwirklichung seiner zentralen und überragenden Stellung gemäß dem Verlangen des Vaters. Und dann, an zweiter Stelle, lautet die Frage: «Wofür werde ich arbeiten?» «Tue ich das Werk, um zu versuchen, irgend eine Gesellschaft, eine Denomination, irgend eine Nicht-Denomination einzurichten, um einer bestimmten Lehre Platz zu verschaffen, oder irgend einer Interpretation, oder einem System der Wahrheit?» «Habe ich mich irgend einer SACHE verschrieben, oder geht es mir darum, dem Herrn seine absolut zentrale und überragende Stellung zu sichern?» Was immer wir sagen mögen, wir werden nie darüber hinaus kommen, wir werden da beginnen und da enden. Christus ist der Anfang, und Christus ist auch das Ende, das A und das Z, das Alpha und das Omega.

Wir müssen vom Herrn sehr ernsthaft bezüglich einer neuen, inneren Wahrnehmung und Wertschätzung des Herrn Jesus behandelt werden. Dies ist der einzige Weg der Befreiung von allen unwürdigen Dingen in uns selbst, und in Dingen, mit denen wir liiert sind. Es ist: «Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit», und die einzige Hoffnung der Herrlichkeit, und wenn es nicht darum geht, bedeutet dies mit Sicherheit Schande und nicht Herrlichkeit.

Möge der Herr dieses erste Fragment tief in unsere Herzen schreiben um seines Namens willen.

In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.