von T. Austin-Sparks
Kapitel 9 - Die Überlegenheit der Neuen Position
Wir wollen uns nun auf einen Aspekt des großen Überganges konzentrieren: auf die Überlegenheit des himmlischen Israel über das irdische.
Der Verfasser dieses Briefes, wer immer er sein mag, gab sich völlig an die Überlegenheit dessen hin, was mit diesem Heilszeitalter eingeführt wurde. Es war, als hätte er zu sich selbst gesagt: «Die Zeit ist gekommen, dass jemand diese Leute wissen lassen muss, wie überlegen das ist, was mit diesem Heilszeitalter eingeführt wurde. Diese letzte Bewegung Gottes in der Geschichte dieser Welt ist größer als alles vorherige». Das war es, was er sich vornahm, dem Volk seiner Zeit zu zeigen. Doch Gott hatte mehr damit im Sinn als nur das: Er beabsichtigte es für Sein Volk aller Zeiten.
Niemand weiß, wer diesen Brief geschrieben hat. Viele Namen sind genannt worden. Einige waren sich recht sicher, wer es war, und dann ist jemand anderes daher gekommen und hat diese Gewissheit wieder über den Haufen geworfen. Einige waren sich sicher, dass Paulus ihn geschrieben hat, während andere wiederum sehr überzeugend bewiesen, dass er es nicht gewesen sein konnte. Andere glaubten, Apollos habe ihn geschrieben, wieder andere, es sei Barnabas gewesen. Von Apollos wurde gesagt, er sei «mächtig in den Schriften» gewesen (Apg. 8,24), und gewiss wäre ein solcher Mann nötig gewesen, um dieses Dokument schreiben zu können! Barnabas war ein Levit, und er wusste alles über das levitische System des Alten Testaments, so wäre er ein guter Kandidat gewesen, den Brief zu schreiben. Was Paulus betrifft, nun, natürlich war ein vollkommener Meister sowohl des Judentums wie auch des Christentums, und ein solcher Mann wäre bestimmt nötig gewesen, um dieses Buch zu schreiben. Wenn Stephanus nicht den Märtyrertod erlitten hätte, hätte ich in gewählt, weil ich glaube, dass ihr in seiner letzten großen Rede die ganze Substanz des Briefes an die Hebräer beisammen habt.
Nun, wir können es nicht sagen. Vielleicht hat es der Herr niemals als sehr wichtig empfunden, einen menschlichen Namen damit in Verbindung zu bringen, sondern alles damit bewenden zu lassen, dass «Gott ... gesprochen hat».
Wir berühren sehr alten und ausgetretenen Grund, wenn wir euch daran erinnern, welchen Platz das Wort «besser» in diesem Brief hat. Es erscheint hier öfter als im ganzen Rest des Neuen Testamentes zusammen.
(Hier eine kleine Studie für die Anfänger im Bibelstudium. Nehmt eure Schachtel mit farbigen Stiften hervor, wählt eine Farbe, die ihr für das Wort «besser» für geeignet findet, und unterstreicht dieses Wort durch den ganzen Brief hindurch.)
Dieses Wort taucht dreizehn Mal auf in diesem Brief und stets in einem sehr lehrreichen Zusammenhang. Ich will bloß die Stellen erwähnen:
Kapittel 1,4: «Besser als die Engel» (Das ist eine hohe Stellung, um mit ihr zu beginnen!)
Kapitel 6,9: «Wir sind im Blick auf euch von besseren Dingen überzeugt».
Kapitel 7,19: «Eine bessere Hoffnung».
Kapitel 7,22: «Ein besserer Bund».
Kapitel 8,6: «Ein besserer Bund» und «bessere Verheißungen».
Kapitel 9,23: «Bessere Opfer»
Kapitel 10,24: «Ein besserer Besitz».
Kapitel 11,16: «Ein besseres Land»
Kapitel 11,35: «Eine bessere Auferstehung».
Kapitel 11,40: «Etwas Besseres».
Und, parallel dazu, könnt ihr noch hinzufügen:
Kapitel 12,24: «Das Blut der Besprengung, das besser redet als das Blut Abels».
In Kapitel 1,4 und 8,6 kommen die Worte «hervorragender» vor, und in Kapitel 1,4, Kapitel 3,3 und Kapitel 10,25 findet sich der Satz: «um so viel mehr».
So ist also dieses Wort ein Schlüssel zu diesem Brief. Alles ist hier besser als es je zuvor war. Und wir können damit zu unseren eigenen Schlüsselworten zurück kehren: «Heilige Brüder, Gefährten einer himmlischen Berufung» - zu etwas viel Besserem berufen, als es je in der Geschichte dieser Welt gab.
Wir wollen uns daran erinnern, warum dieser Brief überhaupt geschrieben wurde.
In erster Linie wurde er geschrieben, um diese Christen vom geistlichen Niedergang und von geistlichem Stillstand zu retten. Aus verschiedenen Gründen gerieten sie in Versuchung, sich zurück zu ziehen. Ihr erinnert euch, dass diese Worte in einer Warnung auftauchen: «Wenn einer zurückweicht, wird meine Seele an ihm kein Gefallen finden» (Hebr. 10,38). Es ist etwas Furchtbares, wenn ihr an einen Punkt kommt, wo der Herr kein Gefallen mehr an euch hat, das Wohlgefallen des Herrn zu verlieren! Und es war, um diese Christen daran zu hindern, in eine solche Stellung zu geraten, dass dieser Brief geschrieben wurde.
Einige dieser Christen tendierten dazu, still zu stehen und nicht mehr weiter zu gehen, so dass ihr geistliches Leben stillstehen würde und sie nicht mehr weiter gehen und wachsen würden. Sie wären «Stillstand-Cnristen» geworden – «so wie es war, so ist es jetzt». Nichts Zukünftiges beherrschte sie. So wurde dieser Brief geschrieben, um sie vom Zurückgehen und vom Stillstand zu retten.
Doch gibt es, wie wir bereits aufgezeigt haben, noch einen andern Grund: Er sollte diese Christen durch eine Zeit großer Schwierigkeiten, die bevorstand, hindurch tragen. Offensichtlich wurde dieser Brief kurz vor der Zerstörung Jerusalems geschrieben. Vielleicht sah der Verfasser bereits die Anzeichen dafür, doch, ob er sie sah oder nicht, der Heilige Geist wusste, was kommen würde. Er wusste, dass über diese Christen eine Zeit großer Prüfungen hereinbrechen würde, da alles, worauf sie auf dieser Erde vertraut hatten, erschüttert werden sollte; so führte Er diesen Verfasser dazu, diesen Brief zu schreiben. Er war als eine Stärkung für sie gedacht und als Rettung in Zeiten der Not. Und die Methode, durch die ihnen Hilfe zuteil werden sollte, war die, ihnen die Größe des Herrn Jesus zu zeigen, die Größe der himmlischen Berufung, und was für eine große Sache es doch ist, Gefährten Christi und einer himmlischen Berufung zu sein. So macht sich der Verfasser daran, den Herrn Jesus in Seiner Überlegenheit über alles, was voraus gegangen war, vor Augen zu führen. Und indem er dies tat, tat er noch etwas anderes, und das ist eine sehr interessante Sache. Er sagt: «In den vergangenen Zeitaltern hat es Menschen gegeben, die große Schwierigkeiten durchlebten, viele Entmutigungen und Prüfungen», und dann nennt er Abraham.
Nun, Abraham hatte in der Tat ein schwieriges Leben. Da war einmal die Schwierigkeit einer hinausgeschobenen Verheißung – Gottes Verheißungen schienen nicht auf dem Wege zu ihrer Erfüllung zu sein. Er nahm sich ein so lange Zeit, um Sein Wort zu erfüllen. Wir alle wissen etwas von dieser Schwierigkeit! Wir sind in Eile, und Gott ist es nicht – Er scheint alle Zeit zu Seiner Verfügung zu haben. Unser Problem ist: «O, wenn sich der Herr nur ein bisschen beeilen würde!», und ich vermute, dass unsere Gebete so oft von einem Wort gekennzeichnet sind: «Herr, mach schnell!»
Wenn je ein Mensch wusste, was es hieß, geduldig sein zu müssen, dann war das Abraham! Da war diese Schwierigkeit, dass sich Gott so viel Zeit ließ, bis Er Seine Verheißung erfüllte, und manchmal brach Abraham darunter zusammen. Bei einer bestimmten Gelegenheit verließ er das Land der Verheißung und zog nach Ägypten – und dort befand er sich noch in viel größeren Schwierigkeiten! Er musste lügen, um daraus heraus zu kommen. Diese Sache war ein richtiger Test für Abraham. Ich denke, es gibt Zeichen, dass seine Frau nicht immer mit ihm sympathisierte. Als sie beide alt waren und der Herr sagte, sie würden noch einen Sohn haben, wer war da in ihrem Zelt, lauschte und «lachte in sich hinein»?
(Gen. 18,12). Der Herr wurde zornig, und Abraham musste Sarah zurechtweisen. Nun, wir sollten volle Sympathie empfinden für Sarah. Sie hatte es schwer durch die Art, wie Gott ihren Mann führte, und sie die Dinge nicht immer so sehen konnte wie Er, oder empfinden, wie er empfand. Vielleicht erlebte Abraham aus diesem Grunde ein gewisses Maß an geistlicher Einsamkeit in seinem Leben.
Wie aber stand es um jenen jungen Mann Lot? Der war ganz einfach eine Menge Schwierigkeiten! Ganz gewiss teilte er Abrahams Vision nicht. Seine Vision richtete sich ganz auf die Erde, seine Ambitionen galten alle der Gegenwart, und ihr kennt seine Geschichte gut und welch einen Dorn er in der Seite Abrahams darstellte.
Wir könnten weitere Details zu der schmerzlichen Geschichte hinzu fügen. Abraham hatte kein leichtes Leben. Doch habt ihr gewusst, dass das Neue Testament sagt, Abraham habe frohlockt?! Warum tat er das? Warum frohlockte er in der Trübsal? Jesus selbst gibt uns die Antwort darauf: «Euer Vater Abraham frohlockte, dass er meinen Tag sehen sollte; und er sah ihn und freute sich» (Joh. 8,56). Auf irgend eine Weise hat Abraham den Herrn Jesus gesehen, er hat den Tag des Herrn Jesus gesehen, und das half ihm durch alle Schwierigkeiten hindurch.
Wisst ihr, da ist noch mehr in diesem Brief an die Hebräer über das, was Abraham sah. Im Geist hat er ein himmlisches Land gesehen, und er hielt Ausschau danach. Er hat «die Stadt» gesehen, «die Grundlagen hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist» (Hebr. 11,10). Abraham hat den Tag Jesu Christi gesehen. Ihr erinnert euch vielleicht, dass dieser Verfasser sagte: «Ihr seid hinzu gekommen... zum himmlischen Jerusalem» (Hebr. 12,22). Abraham hat das gesehen, und, da er den Herrn Jesus gesehen hatte, war er imstande, weiter zu gehen und in einem langen Leben der Trübsal zu frohlocken.
Wie war das bei Moses? Hatte er irgendwelche Schwierigkeiten? Nun, wir könnten eine lange Geschichte erzählen mit all den Schwierigkeiten, die Moses hatte. Er hatte eine sehr schwere Last zu tragen, und es gab eine Zeit, da er beinahe den Mut verlor. Er sagte zum Herrn: «Ich kann dieses Volk nicht mehr allein tragen, es ist zu schwer für mich» (Num. 11,14). Moses musste oft wie hier zum Herrn zurückgehen und sagen: «Du hast mich gebeten, etwas zu tun, das mehr ist, als ich bewältigen kann». Er hatte viele Prüfungen zu bestehen durch vierzig lange, mühselige Jahre. Doch wir haben hier dieses Wort: «Er hielt durch, als sähe er den Unsichtbaren» (Hebr. 11,27). Wer war der «Unsichtbare», den Moses sah? Beachtet, was dieser Brief an die Hebräer sagt! Als Moses im Palast Pharaos war und sah, wie seine Brüder verfolgt wurden, entschloss er, sich auf ihre Seite zu stellen, und dieser Brief sagt: «Er zog es vor, mit dem Volk Gottes Bedrängnis zu erleiden, als den vergänglichen Genuss der Sünde zu haben» - und nun kommt etwas Wunderbares: «da er die Schmach des Christus für größeren Reichtum hielt als die Schätze, die in Ägypten waren» (Hebr. 11,25.26). Die Schmach Christi! Was wusste Moses von Christus? Irgendwie hat er Ihn gesehen und erkannt, dass diese Hebräer im Zusammenhang mit Ihm berufen wurde, «so hielt er durch, als sähe er den Unsichtbaren».
Dies ist ein Punkt, an dem unser Sinn korrigiert werden muss. Vielleicht haben wir die Vorstellung, dass, als Jesus in diese Welt kam, dies Sein Anfang war, doch das Wort Gottes macht es vollkommen klar, dass Jesus schon in den Tagen von Abraham und Moses gegenwärtig was. Tatsächlich sagt das Wort Gottes, dass Er schon bei der Erschaffung der Welt anwesend war: «Alle Dinge wurden durch Ihn geschaffen» (Joh. 1,3). Er war die ganze Zeit da. Er war es, der wieder und wieder erschien, und sie erkannten Ihn nicht. Er erschien dem Abraham, dem Moses, dem Josua, dem Gideon... ja, dieser selbe Christus war da, die ganze Zeit aktiv. Er begann nicht einfach, als Er in Bethlehem geboren wurde. Das war bloß der Zeitpunkt, da Er in menschlicher Gestalt in diese Welt kam.
Meint ihr, das sei übertrieben? Nun, dann wollen wir den Hebräerbrief aufschlagen: «Jesus Christus, ... derselbe gestern, heute und für immer» (13,8). Ich habe ein kleines Wort weggelassen - «Jesus Christus IST derselbe...»: Er IST gestern, Er IST heute, und Er IST auch morgen. Es gibt bei Jesus kein Gestern, kein Heute und kein Morgen. Gestern war der Tag des alten Heilszeitalters. Als dieser Verfasser seinen Brief schrieb, war es «heute», in dem er lebte, das neue Heilszeitalter hatte eben erst begonnen. «Heute» ist die Zeit zwischen der Rückkehr Christi in den Himmel bis zu Seiner Wiederkunft. Wir haben bereits gesehen, wie ein Satz dreimal in diesem Brief wiederholt wird: «Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet nicht euer Herz» (Hebr. 3,7.8). Das ist eine Botschaft für dieses Heilszeitalter. «Morgen» ist für immer, und es wird derselbe Jesus Christus sein.
So sagt der Verfasser dieses Briefes: «Jesus Christus war schon damals im Gestern. Er war in dem vergangenen Heilszeitalter gegenwärtig. Und es ist derselbe Jesus Christus, den wir heute kennen. Und Er wird für immer derselbe Jesus Christus sein».
Habt ihr gemerkt, wie viele Zitate aus dem Alten Testament es in diesem ersten Kapitel dieses Briefes gibt? Wir können nicht stillstehen und sie betrachten, doch das Alte Testament wird hier sehr oft benutzt, und die Zitate betreffen Christus, so dass es zu allererst ganz klar ist, dass Er schon im Alten Testament da war. Es wurde damals über Ihn gesprochen, und er war im Sinn der alttestamentlichen Verfasser gegenwärtig. Es gibt Zitate von David. Jesus Christus war hatte großen Raum im Sinn Davids. Die Worte: «Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt», wurden zuerst von ihm geschrieben (Psalm 2,7), und es gibt noch mehr dergleichen.
Es gibt sehr viele Zitate aus dem Alten Testament am Anfang dieses Briefes, was einfach zeigt, dass Jesus Christus damals gegenwärtig war. Und auch, dass Jesus Christus vom Gestern ins Heute herüber gebracht wurde. Dieser Verfasser sagt ganz einfach: «Dieser Jesus Christus der Propheten und der Männer von damals ist dieser Eine, von dem ich heute schreibe». Das erste Kapitel des Briefes greift all das über Jesus Christus auf und bringt es hier in die Gegenwart herüber – und es ist derselbe Jesus Christus.
Wir haben eben erst begonnen, die Überlegenheit dieses Heute über das Gestern zu erkennen. Wir haben nur versucht, eines zu tun, nämlich, wozu dieser Verfasser sich anschickte: zu zeigen, dass, um durch Schwierigkeiten und Prüfungen hindurch zu kommen, ihr eine weite Vorstellung vom Herrn Jesus haben müsst. Ob wir bis ans Ende im Sieg durchkommen werden, hängt weit gehend davon ab, was für eine Art von Christus unser Christus für uns ist.
Der Verfasser stellt fest, dass diese Christen den Wettlauf ziemlich lang und schwierig fanden, und was sie benötigten, war das, was einen im geistlichen Leben am meisten auf die Probe stellt – Geduld. «Geduld habt ihr nötig», sagt der Verfasser, «damit ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan habt, die Verheißung erlangt» (Hebr. 10,36). Später sagt er: «Lasst uns mit Ausdauer laufen in dem Kampf, der vor uns liegt» (Hebr. 12,1). Welches ist die wahre Stärke der Geduld? O, es ist so leicht, zu Menschen zu sagen: «Nun, hab Geduld. Eile nicht so. Es wird schon alles gut werden». Doch dieser Verfasser sagte den Christen nicht einfach: «Nun, habt Geduld»!. Er sagte: «Lasst uns mit Geduld in der Rennbahn laufen... ». Es wird unsere Geduld auf die Probe stellen, es wird uns eine Menge Geduld abfordern, doch das, was unsere Geduld stark erhalten wird, ist dies: «Hinschauen auf Jesus» (Hebr. 12,2). Wenn wir auf uns selbst blicken, werden wir das Rennen aufgeben, und wir werden das auch tun, wenn wir auf andere Leute schauen. Es gibt eine Menge Leute, die möchten, dass wir das Rennen aufgeben. Wenn wir uns in der Welt umblicken, werden wir die Geduld verlieren. Und so bevorzugen wir die wahre Übersetzung dieses Satzes. Einige Bibelausgaben haben schlicht: «Aufsehen auf Jesus». Nun, das ist in Ordnung, doch der wahre Wortlaut ist so: «Wegsehen auf Jesus hin». Ihr müsst eure Augen von euch selbst weg wenden. Ihr müsst euch positiv weigern, euch selbst anzublicken. Ihr müsst euch in der Gewohnheit schulen, den Blick auf euch selbst zu verweigern. Jedesmal, wenn ihr versucht seid, es wieder zu tun, müsst ihr sagen: «Nein! Ich mache die Augen zu». Ihr solltet eure Augen nicht auf Christen richten, die enttäuschen. Ihr müsst daran denken, dass die besten Christen letztlich auch nur Menschen sind. Es ist sehr gefährlich, von einem Mann oder einer Frau zu glauben, sie seien unfehlbar.
Möglicherweise war Paulus sehr nahe daran, es einmal zu tun. Ihr wisst, dass er Barnabas sehr viel schuldete. Es war Barnabas, der sich aufmachte, um Paulus zu suchen, und der ihn dann zurück brachte. Ich denke, dass selbst einige Apostel, als sie Saulus von Tarsus durch die Fronttüre eintreten sahen, zurück wichen. Sie alle misstrauten diesem Mann, und sie wichen vor ihm zurück. Doch Barnabas nahm ihn bei der Hand und führte ihn herein mit den Worten: «Habt keine Angst, Brüder! Er ist unserem Herrn Jesus begegnet. Er ist jetzt ein Gefährte von Jesus Christus, also einer von uns». Und so nahmen sie ihn auf.
Es war auch Barnabas, der ihn nach Antiochia brachte, in eine Gemeinde, die damals in großer Not war. Sie benötigten einen sehr starken Diener des Wortes, und schon zog Barnabas los, indem er sagte: «Ich kenne den Mann». Er brachte Paulus nach Antiochia und führte ihn in seinen lebenslangen Dienst ein.
Paulus schuldete Barnabas eine ganze Menge, von dem gesagt wurde: «Er war ein guter Mann, voll Heiligen Geistes» (Apg. 11,24). Vielleicht stellte Paulus auf ein hohes Podest! Doch dann kam der schreckliche Tag, an dem Barnabas von seinem Podest herunter fiel. Ihr kennt die Trennung zwischen Juden und Heidenchristen, und dass die neue Ordnung Christi es verlangte, dass sie alle eins sein und mit einander essen und trinken sollten. Petrus hatte diese Lektion im Hause von Kornelius gelernt, aber dann kam der Tag, an dem diese ganze Frage, ob Juden und Heiden mit einander essen und trinken durften, wieder aufbrach. Es entstand ein sehr starker Disput und die Lage war kritisch. Jakobus und einige von den andern aus Jerusalem reisten hinab – und schon zog sich Petrus vom Tisch zurück. Er fürchtete sich vor Jakobus und den andern von Jerusalem! Er sagte: «Ich will nicht, dass diese älteren Brüder mich mit Heiden zusammen essen sehen». Und da sagt Paulus: «Und auch die übrigen Juden heuchelten mit ihm, so dass selbst Barnabas von ihrer Heuchelei mit fortgerissen wurde» (Gal. 2,13). «Denkt nur – Barnabas! Ich hätte nie gedacht, dass Barnabas so etwas tun würde! Ich glaubte, er stehe weit über solchen Dingen». Ich bin sicher, dass dies dem Vertrauen von Paulus in Menschen einen sehr starken Schlag versetzt hat, doch hätte er weiterhin seine Augen auf Barnabas gerichtet, niemand kann sagen, was dann geschehen wäre. Er muss von Barnabas weg auf Jesus blicken.
Paulus musste das immer wieder tun. In vielerlei Hinsicht und in vielen Situationen musste er seine Augen von Menschen und Dingen weg und auf Jesus richten. Da ist ein echter Anflug von Paulus in diesem Brief an die Hebräer - «Wegschauen zu Jesus». Wer auch immer tatsächlich den Brief geschrieben hat, der Schatten von Paulus hängt jedenfalls darüber. Sein Einfluss ist überall zu spüren. Und ganz gewiss war berufen worden, wegzuschauen auf Jesus hin.
Nun, das ist eine ganz entscheidende Lektion, die wir lernen müssen. Wir müssen das immer wieder tun in unserem Leben als Christen. Wenn wir unsere Augen auf irgend etwas anderes als auf den Herrn Jesus richten, dann fallen wir ganz einfach auseinander. Zeigt den Heiligen Gottes jeden Respekt. Ich will damit nicht sagen, dass ihr jeden Diener Gottes mit Misstrauen beäugen und die ganze Zeit sagen sollt: «Nun, natürlich, er ist ja nicht vollkommen, ihr wisst ja». Gebt Ehre, wem Ehre gebührt, doch gründet euren Glauben nie auf einen Menschen, wie gut er auch sein mag.
Und was uns selbst angeht – nun, ich glaube, wir stehen mehr in Versuchung, auf uns selbst als auf irgend etwas anderes zu blicken. Dies ist eine unserer echten, christlichen Übungen. Ständig müssen wir unsere Augen von uns selbst abwenden und von allem, was mit uns zu tun hat. Es gibt nichts Entmutigenderes als unser eigenes Ich, und auch nichts Verführerisches. Unsere eigenen Urteile sind alle falsch, und so sind auch unsere Gedanken und Ideen. Es sind nicht Gottes Gedanken.
Wir müssen unsere Augen von uns selbst weg wenden, aber wir sollten auch nicht in die Luft und ins Leere starren. «Wegschauen auf Jesus hin», und ihr wisst, wie dieser Satz zu Ende geht: «Jesus, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens». Habt ihr diese Sache angefangen? Seid ihr Christen, weil ihr euch entschlossen habt, Christen zu werden? Nun, der Herr möge euch helfen, wenn das so ist! Nein, Er begann damit. Seid ihr nicht froh, dass ihr sagen könnt: «Es war der Herr, der mich fand. Es war der Herr, der Seine Hand auf mich legte»? Was er sagte, ist sehr wahr: «Ihr habt nicht mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt» (Joh. 15,16). Er war der Anfänger unseres Glaubens, und es heißt, Er sei auch der Vollender – er wird ihn vollenden.
Wenn wir in den Himmel gelangen, werden wir sehr erstaunt sein, dass wir überhaupt je dorthin gelangten! Wir werden einander bloß anstarren und sagen: «Nun, da sind wir! Es ist eine wunderbare Geschichte! Wie wir hierher kamen, wissen wir nicht. Wir haben tausendmal gedacht, dass wir es nie bis hierher schaffen würden. Wir hatten schon alle Hoffnung aufgegeben – aber wir sind hier! Und es wird deshalb sein, weil Jesus der Vollender ist. Glaube das, lieber Freund! Am Tage deiner Verzweiflung und deiner Schwierigkeit sieh weg auf Jesus hin! Er hat gesagt: «Wo ich bin, da wird auch mein Diener sein» (Joh. 12,26). Obwohl dazu tausend Wunder nötig sind, er wird sie vollbringen, um uns dorthin zu bringen. Glaubt es! Ergreift es mit beiden Händen und vertraut Ihm, dass Er euch geradewegs hindurch in die Herrlichkeit bringen wird, denn das ist eines der großen Dinge in diesem Brief: «Indem Er viele Söhne zur Herrlichkeit führte» (Hebr. 2,10). Damit seid ihr und ich gemeint.
In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.