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Die Himmlische Berufung - Band 1

von T. Austin-Sparks

Kapitel 5 - Die Veränderte Stellung der Gefährten

Was den Gegenstand betrifft, so haben wir aufgezeigt, dass dies ein Schlüssel ist für das Ganze dieses Briefes an die Hebräer, dass es sich um einen Appell nach Gefährten für Christus handelt, nach Gefährten einer himmlischen Berufung. Auch haben wir gesagt, dieser Brief sei eine Zusammenfassung des ganzen Neuen Testamentes. Wenn wir diese Feststellung treffen, dann bereiten wir euch natürlich ein großes Feld von Betrachtungen. Wir müssen einfach sagen, dass alles, was im Neuen Testament vorkommt, auf irgend eine Weise in diesem Brief aufgesammelt ist. Alles, was sich im Neuen Testament findet, summiert sich deshalb in diesem einen Gedanken: Gott sucht nach Gefährten für Seinen Sohn in einer himmlischen Berufung.

Wir wollen nun noch etwas tiefer in diesen Brief hinein graben, immer mit diesem einen Gedanken im Sinn: Es sind die Gefährten Christi, die im Blickpunkt stehen.

Lasst mich ein kurzes Wort über den Gesichtspunkt sagen, wie er durch diesen Brief vertreten wird. Wir verstehen, dass er an diese hebräischen Christen zu einer Zeit sehr ernsthafter Krisen geschrieben und übermittelt wurde, als ein ganzes System, das für viele Jahrhunderte existiert hatte, im Begriff stand, zu verschwinden. Das ganze System des Alten Testamentes, angefangen bei Moses, war daran, zu gehen. Nachdem der Verfasser alles, was in diesem Briefe steht, niedergeschrieben hatte, setzte er darüber ein Zitat aus dem Alten Testament: «Noch einmal erschüttere ich nicht allein die Erde, sondern auch den Himmel!» Dieses «Noch einmal» deutet aber hin auf die Beseitigung der Dinge, , die erschüttert werden, als solche, die erschaffen worden sind, damit die Dinge bleiben, die nicht erschüttert werden können» (Hebr. 12,26.27 – zitiert aus Haggai 2,6). Indem er diese Schriftstelle zitiert und sie ans Ende dieses Briefes setzt, deutet der Verfasser an, dass genau dies unmittelbar bevorstand, und er behielt Recht. Es ist offensichtlich, dass dieser Brief kurz vor dem Jahre 70 n.Chr. geschrieben wurde.

Die römischen Legionen mochten schon rund um Jerusalem herum aufmarschiert sein, und wir wissen aus der Geschichte, was geschah. Die Stadt wurde belagert und zerstört, nicht ein Stein des Tempels blieb auf dem andern, und das ganze land wurde verwüstet. Der Priesterdienst hörte auf, und alle Tempelfunktionen kamen an ihr Ende. Das ganze Land wurde in einen Zustand äußerster Verwüstung versetzt, und von jenem Tage an bis heute hat dieses System zu existieren aufgehört.

Und dieser Brief wurde geschrieben, weil der Herr wusste, was geschehen würde, und weil im göttlichen Plan die Zeit gekommen war, dass es geschah. Lest diesen Brief stets im Licht dieser großen historischen Krise.

Das war die dunkle Seite der Geschichte. Doch könnt ihr feststellen, dass dieser Brief einfach voll ist von diesem «Besseren», das die Stelle des Alten eingenommen hat, und wir werden bei diesem «Besseren» verweilen, wenn wir weiter gehen. Da das Volk einer irdischen Berufung beiseite gesetzt wurde, wurde ihnen dieser große Brief einer himmlischen Berufung präsentiert.

Bevor wir mit dem Brief weiterfahren, wollen wir daran denken, dass seine Botschaft auch für uns gleich bleibt. Es müsste eine sehr blinde Person sein, die heute nicht sehen könnte, dass ein weiteres solches Ereignis sehr nahe ist. Es ist auf dieser Erde ein weiteres großes System des Christentums gebaut worden. Als System ist es sehr irdisch, und genauso wie die Herzen der Juden hier sehr stark mit ihrem System verbunden war, so sind in unserer Zeit eine zahllose Menge von Christen mit diesem historischen Christentum verbunden. Ich beanspruche nicht, ein Prophet zu sein, doch da gibt es viel im Worte Gottes, das auf die Zeit hinweist, wenn dieses ganze System erschüttert werden wird. Es ist sehr beeindruckend, dass wir das in unserer Lebenszeit wenigsten in geringem Maße erlebt haben, als Gemeinden zerstört, Versammlungen zerstreut wurden, und es nicht mehr möglich war, mit den alten Formen weiter zu fahren. Menschen mussten ohne irgend eine irdische Hilfe den Herrn von sich aus finden. Sie mussten ihre Hilfe vom Himmel erhalten, nicht von der Erde. Mindestens in zwei Fällen haben wir dies in vergleichsweise geringem Maße geschehen sehen. Der Herr hat die Erde in zwei schrecklichen Fälle geschlagen, und es lagen nicht viele Jahre zwischen diesen beiden Ereignissen; es ist nicht schwierig, zu erkennen, dass es wieder geschehen könnte, nur diesmal in einem viel größeren Ausmaß. Ein solches Ereignis mag nicht sehr weit entfernt liegen. Wir Christen reden von der Wiederkunft des Herrn. Das ist unsere Hoffnung und unsere Errettung; doch dürfen wir nicht vergessen, dass die Wiederkunft des Herrn von einem furchtbaren Gericht über diese Erde begleitet sein wird, wobei alles, was nicht himmlisch ist, erschüttert werden wird, und zwar so erschüttert, dass es einfach kollabieren wird.

So enthält also dieser Brief eine echte Botschaft an uns. Wie jenen jüdischen Christen damals gesagt wurde: «Euer ganzes System, in welches ihr so eingebunden seid, wird vergehen», so sagt dieser Brief auch uns heute: «Das ganze irdische System wird erschüttert werden, und es wird von seiner Stelle erschüttert werden. Doch wird ein besseres kommen» - «weil Gott etwas Besseres... vorgesehen hat» (Hebr. 11,40).

Nun, das ist der Standpunkt des Briefes. Ich bin sicher, wir können erkennen, dass er sich sehr gut auf unsere Zeit anwenden lässt. Wir studieren nicht einfach ein Buch der Schrift, das sich auf viele zurückliegende Jahrhunderte bezieht. Gott ist der ewige Gott, und er spricht zu jeder Zeit, doch intensiviert sich die Botschaft, wenn wir uns dem Ende nähern.

Nun wollen wir mit der Betrachtung des Übergangs vom Irdischen zum Himmlischen fortfahren. In den Begriffen des Neuen Testaments, und insbesondere in diesem Brief, handelt es sich um den Übergang von einem irdischen, historischen Israel zu einem himmlischen, geistlichen Israel. So wollen wir uns den Anfang Israels in beiden Fällen ansehen.

Habt ihr beachtet, wie der Brief beginnt? Er fängt mit einem Wort an: «Gott». Ihr könnt einen großen Ring um dieses Wort zeichnen. Gott steht über dem ganzen Inhalt dieses Briefes. Alles in ihm muss von Gottes Standpunkt aus betrachtet werden, nicht vom menschlichen oder weltlichen, auch nicht von einem irdischen Standpunkt aus. Es ist Gott, der spricht, und alles, was wir hier haben, ist das, was Gott zu sagen hat. Gott steht über allem, was dieser Brief beinhaltet, und niemand hat das Recht, zu behaupten, diese Sache stamme von Menschen. Während wir uns im Brief fortbewegen, müssen wir uns ständig sagen: «Gott sagt dies. Das ist nicht die Interpretation von Menschen. Hier spricht Gott». Der große Übergang, der durch diesen Brief gekennzeichnet wird, besteht darin, dass Gott sich weiter bewegt. Gott geht vorwärts. Gott hat die Verantwortung für alles. Und der Brief sagt: «Die Gefährten des himmlischen Weges sind diejenigen, die mit Gott voran gehen». Der Appell des Briefes lautet: «Lasst uns voran gehen, weil Gott voran geht».

Das Ganze des jüdischen Systems war etwas, das sich gefestigt hatte, und in einem ganz realen Sinne ist es eingeschlafen. Gott ist nicht der Gott derer, die geistlich schlafen. Der Appell an Israel war der: «Stehe auf, der du schläfst!». Dieses System hatte sich schlafen gelegt, hat sich gesetzt und ist zu einem Selbstzweck geworden. Es ging nicht mehr mit Gott vorwärts. Das war das Problem in den Tagen der Propheten. Und dieser Brief sagt: «Gott geht voran. Die Gefährten Christi sind diejenigen, die mit Gott voran gehen».

Erinnert euch: Ein echtes, lebendiges Christentum ist ein «voranschreitendes» Christentum. Es wird nie aufhören, weiter zu gehen, weder in diesem Leben, noch in der Ewigkeit. Es heißt: «Von seiner Herrschaft ... wird kein Ende sein» (Jesaja 9,7). So fangen wir mit Gott an, und wir gehen mit Gott vorwärts.

In diesem Brief bringt Gott sich selbst zum Ausdruck. Das ist die erste Feststellung in diesem Brief: «Gott, nachdem er in früheren Zeiten zu den Vätern durch die Propheten zu verschiedenen Teilen und auf verschiedene Weisen geredet hat, hat am Ende dieser Tage zu uns geredet durch Seinen Sohn» (englischer Wortlaut). Hier also begegnen wir einem Gott, der sich selber zum Ausdruck bringt. Er wird hier als ein sprechender Gott vorgestellt; er ist kein stummer oder schweigsamer Gott. Er ist ein Gott, der schon immer gesprochen hat und auch jetzt spricht. Gleich am Anfang also erklärt dieser Brief, dass Gott ein Gott ist, der redet. Und dann, um es weiter zu analysieren, wird von ihm als von einem Gott gesprochen, der mit einer Absicht redet. Er ist ein Gott des Vorsatzes, und Er redet auch hinsichtlich Seines Vorsatzes. Er redete in vergangenen Zeiten «durch die Propheten zu verschiedenen Teilen». Jetzt spricht Er in seinem Sohn, und hier gibt es zwei sehr wichtige Dinge zu beachten.

In vergangenen Zeiten redete Gott in verschiedenen Teilen (oder Abschnitten), durch viele Propheten. Er sagte etwas durch den einen Propheten, und etwas anderes durch einen andern Propheten. Alle Propheten waren Teile von Gottes Reden. Kein einziger Prophet sagte alles. Ihr könnt in die Propheten hinein schauen und feststellen, dass jeder von ihnen einen besonderen Aspekt von Gottes Botschaft vorbrachte. «Zu vielen Teilen» heißt es wörtlich. Das endgültige Sprechen Gottes in Christus ist demnach dies, dass Er alle diese Teile zu einem vollständigen Ganzen einsammelte. Gottes Sohn ist die vollständige Rede Gottes – alle diese Teile wurden in Ihm zusammengebracht. Das gibt diesem Brief einen sehr großen Stellenwert, nicht wahr? Es heißt, dass Gott jetzt, hier, in Fülle durch Seinen Sohn redet.

Und parallel dazu verläuft der Appell, «umso mehr Acht zu geben» (Hebr. 2,1), weil dies so viel umfassender ist als alles, was Gott je zuvor schon gesagt hat.

Dann aber heißt es auch, Gott habe in vergangenen Zeiten «auf viele Weise», also nicht nur «zu verschiedenen Teilen» gesprochen; nein, auf verschiedene Weisen. Es würde zu lange dauern, wollten wir ins Alte Testament zurück gehen und all die Art und Weisen betrachten, in denen Gott redete. Er redete durch Tausend verschiedene Mittel: Manchmal durch Worte, und manchmal durch Handlungen. Die Weisen waren in der Tat «verschieden». Die Aussage hier jedoch lautet, dass Er am Ende auf eine einzige Weise gesprochen hat, auf eine all-umfassende Weise, und das ist in Seinem Sohn. Gottes Sohn ist die eine, umfassende Art, wie Er am Ende redet. Auf der einen Seite wird niemand irgend etwas von Gott empfangen abgesehen von Jesus Christus. Gott weigert sich absolut, anders zu reden als in Seinem Sohn. Wenn ihr wissen möchtet, was Gott euch sagen will, dann müsst ihr zu Seinem Sohn kommen. Auf der andern Seite haben wir in Jesus Christus alles, was Gott überhaupt je sagen möchte.

Ich möchte das besonders den jungen Christen sagen. Ich habe all die Jahre hindurch meine Bibel gelesen uns studiert, und ich sage euch ganz ehrlich, dass dieses Buch auch heute noch mein Fassungsvermögen bei weitem übersteigt. Ich würde nie zu diesem Brief an die Hebräer zurückkehren, wenn dies nicht zuträfe. Ich habe viele Jahre lang über diesen Brief gepredigt und Vorträge gehalten, doch auch heute noch ist übersteigt er mein Fassungsvermögen bei weitem. Sollte ich sagen «der Brief an die Hebräer»? Es wäre korrekter, wenn ich sagen würde: «der Herr Jesus, der in diesem Brief geoffenbart wird».

Ja, wir haben weit mehr von Gottes Reden in Seinem Sohn, als was wir bisher begriffen haben. Wir haben nichts abgesehen von Jesus Christus, und wir brauchen auch nichts abgesehen von Ihm.

Wir haben gesagt, dieser Brief präsentiere Gott als einen Gott des Vorsatzes, und er fährt fort zu zeigen, dass Sein Vorsatz in Seinem Sohn sein Zentrum hat und zusammengefasst wird. Das wird auf drei Arten am Anfang des Briefes vor uns hingestellt.

Erstens: In der Person Seines Sohnes. Seht euch einfach das an: «Am Ende dieser Tage hat er zu uns in Seinem Sohn gesprochen, den Er zum Erben aller Dinge eingesetzt hat, durch den auch die Welten geworden sind; der die Ausstrahlung Seiner Herrlichkeit und das Ebenbild Seines Wesens ist...» Ihr stellt fest, dass sich das ganze erste Kapitel mit der Präsentation des Sohnes Gottes befasst. Gott redet hinsichtlich Seines Sohnes, bezüglich dessen, wer Er ist. Welch ein großer Sohn ist das doch!

Dann aber präsentiert er den Sohn auch in Begriffen der Erlösung. «Er vollbrachte die Reinigung von Sünden». Das ist bloß ein Satz, doch viele Kapitel folgen, um zu erklären, was diese Erlösung ist. All die Kapitel über das Priestertum und die Opfer haben es mit dieser einen Wendung zu tun. Gott redet in Seinem Sohn bezüglich der Erlösung.

An dritter Stelle spricht Er in Seinem Sohn hinsichtlich der Herrlichkeit. Der Sohn ist «die Ausstrahlung Seiner Herrlichkeit», und Er wird «viele Söhne zur Herrlichkeit» bringen (Hebr. 2,10), weil Er, «als Er die Reinigung von Sünden vollbracht hatte, sich zur Rechten der Majestät in der Höhe setzte». Gott redet in einem Sohn, den Er jetzt verherrlicht und zu Seiner eigenen Rechten Hand gesetzt hat.

Doch Gott redet nicht in Seinem Sohn und lässt es dabei bewenden. Ihr könnt feststellen, dass Er in Kapitel 2 den Menschen da hinein bringt, und dieser Brief hat eine wunderbare Botschaft für den Menschen: Alles, was Gott in Seinen Sohn investiert hat, ist für den Menschen da. Gott spricht in diesem Brief vom vollendeten Werk Christi, von dem Werk, das für den Menschen zum Abschluss gebracht wurde.

Hier ist etwas, bei dem wir, ihr und ich, verweilen müssen. Persönlich werde ich immer wieder dazu gebracht: Ich habe noch immer nicht gründlich gelernt, zu glauben, woran ich eigentlich glaube! Ich glaube an das vollendete Werk Christi, und doch bin ich manchmal ebenso entsetzt über mich selbst wie sonst irgend ein Mensch sein könnte. Oft bin ich an dem Punkt, aufzugeben, wenn ich bedenke, was für ein elendes Ding ich bin. Wenn es irgend etwas in dieser Welt gäbe, das es fertig brächte, dass ich den christlichen Dienst aufgebe, dann bin ich es selbst. Versteht ihr, was ich meine? O, wie sehr werden wir doch entmutigt durch das, was wir in uns selber vorfinden! Und so kommt es, dass wir eigentlich nicht glauben, woran wir glauben. Wir glauben an das vollendete Werk Christi, und dass Gott dieses ganze Werk zu unseren Gunsten einsetzt. Gott sieht uns nicht in uns selbst – Er sieht uns in Christus. Er sieht nicht uns, Er sieht Christus in uns. Und genau das glauben wir nicht! Würden wir es tatsächlich glauben, dann wären wir von uns selbst befreit und wären in der Tat triumphierende Christen.

Natürlich bedeutet das nicht, dass wir uns betragen können, wie wir möchten. Wir mögen verkehrt reden und handeln, aber für jeden Christen gibt es einen Zufluchtsort – einen Gnadenstuhl. Er muss nicht erst geschaffen werden; er ist da bei dem kostbaren Blut. Das muss auch nicht erst vergossen werden; es ist vergossen worden. Es gibt einen Hohenpreister, der Fürbitte für uns einlegt. Da ist alles vorhanden, was wir benötigen. Das Werk ist vollendet, abgeschlossen. Oh, wir Christen müssen unsere Glaubensbekenntnis wirklich glauben! Wir müssen mit beiden Händen die Dinge ergreifen, die unseren christlichen Glauben ausmachen.

Doch ich weiß, dass ihr Probleme habt, wenn ich das sage: «Wie steht es mit diesem alten Menschen?» Vielleicht gehört ihr zu jenen Leuten, die glauben, dass die Sünde absolut von euch ausgerottet wurde und dass es für euch unmöglich ist, weiter zu sündigen – nun, wenn ihr das glaubt, möge der Herr euch segnen! Ich denke, dass ihr eines Tages vielleicht doch stolpern und feststellen werdet, dass es schließlich diesen alten Menschen doch noch gibt. Doch lassen wir das beiseite, die meisten von uns wissen ohnehin, dass es zwei Dinge in uns gibt – da ist das Neue, und da ist auch noch das Alte, es gibt den geistlichen Menschen und es gibt auch noch den natürlichen Menschen, und dieser natürliche Mensch ist ein sehr lästiger Kerl! Wie steht es mit ihm angesichts des vollendeten Werkes? Dieser Brief sagt euch alles darüber, wenn es heißt: «Gott behandelt euch wie Söhne» (12,7), und Gott liebt Söhne. Seid ihr ein Kind Gottes? Hat in eurer Geschichte dieses tiefe Handeln der Neugeburt stattgefunden? Habt ihr den Herrn Jesus empfangen? Das Wort Gottes sagt: «So viele ihn aber aufgenommen haben, denen hat Gott das Recht erteilt, Kinder Gottes zu werden» (Joh. 1,12). Wenn ihr den Herrn Jesus empfangen habt, dann seid ihr ein Kind Gottes. Der Geist der Sohnschaft ist bei euch eingekehrt und wohn in euch.

Dieser Brief sagt, dass Gott Seine Söhne liebt, und deshalb züchtigt Er sie: Er «erzieht sie wie Kinder», und «keine Kind-Erziehung», sagt der Brief, «sei für den Augenblick angenehm». Gottes Behandlung Seiner eigenen Familie ist nicht immer angenehm, und wenn es unangenehm wird, dann sitzt ein kleiner Dämon auf unserer Schulter, der uns ins Ohr flüstert: «Siehst du, Gott liebt dich nicht. Wenn Er dich lieben würde, würde Er dich nicht so behandeln». Der Teufel hat es stets darauf abgesehen, die liebenden Werke Gottes in böse Dinge zu verkehren.

Ja, Gott behandelt uns wie Söhne. Das bedeutet Disziplin (Züchtigung), und es richtet sich gegen das Fleisch. Der Brief sagt: «Für den Augenblick ist es nicht angenehm». Tatsächlich hätte es auch heißen können: «Es ist sehr unangenehm». Doch dieser Brief sagt: «Was für ein Vater wäre dies, der seinen Sohn nicht züchtigen würde?»

Was ich hier sage, ist nicht einfach zu sagen, weil ich mich damit selber dem Stock aussetze. Wir haben genügend Erfahrung, um zu wissen, dass wir gewisse Dinge nur mit äußerster Vorsicht aussprechen dürfen, denn oft werden wir in dem geprüft, was wir sagen. Doch haben wir hier die Aussage, dass das ein sehr unfreundlicher Vater ist, der seinen Sohn niemals züchtigt. Habt ihr schon Kinder gesehen, die nie gezüchtigt oder gestraft worden sind? Solche Kinder werden in dieser Welt eine schlechte Zeit durchmachen, weil die Leute sie nicht mögen werden, und das werden sie feststellen. Ihre Eltern haben sie vernachlässigt.

Dieser Brief sagt, die Liebe Gottes drücke sich auch dadurch aus, dass Er Seinen Kindern gegenüber den Stock benutzt. Er verpackt Seine guten Dinge, Seine besten Dinge, nicht immer in eine nette Form. Kürzlich hörte ich von einem kleinen Jungen, der eine bestimmte Medizin einnehmen sollte, und diese war nicht sehr angenehm. Sein Vater sagte: «Weißt du, da sind viele Vitamine in dieser Medizin drin». Der kleine Junge meinte: «Papa, warum werden immer alle guten Dinge in so scheußliches Zeug verpackt? Warum kann man sie nicht in ein Eiscreme tun?» Nun, der Herr legt die guten Dinge nicht immer in Eiscreme. Manchmal befinden sich die Vitamine in den scheußlichen Dingen.

Nun, das ist genau das, was dieser Brief sagt. Gott verurteilt uns nicht, wenn Er so mit uns umgeht. Er arbeitet auf unsere Befreiung hin. Wenn ihr meint, diese Ansprachen hier würden euch retten, dann macht ihr einen Fehler! Sie sind nur da, um zu erklären, was Gott tut. Gott rettet nie durch Theorie! Ihr könnt alles lesen, was je über die christliche Lehre geschrieben wurde, und dennoch derselbe Mann oder dieselbe Frau geblieben sein. Gottes Wege sind sehr praktisch, und Er lehrt uns durch Erfahrung. Diese Erfahrung ist oft sehr schwierig, sie wird hier «Erziehung zu Söhnen» genannt.

Möge der Herr doch unsere Herzen aufs Neue mit diesen Dingen beeindrucken! Noch immer redet Gott in Seinem Sohn, und Sein Reden geschieht zu dem Zweck, Gefährten für Seinen Sohn zu gewinnen. Gefährten dieser himmlischen Berufung und Christi werden in eine harte Schule genommen und müssen manche harte Lektion lernen, aber wenn sie sie lernen, werden sie erst verstehen, wie groß ihr Erbe im Herrn Jesus ist.

Darf ich noch dies hinzufügen: Meine Erfahrung ist die, dass niemand ohne Leiden wirkliche geistliche Erkenntnis gewinnt. Ich rede nicht vom Kopfwissen. Ich rede von einer echten Erkenntnis des Herrn im inwendigen Leben. Ich kenne niemanden, der unabhängig von Leiden zu dieser Erkenntnis gelangt wäre. Vielleicht ist es niederdrückend, dies zu sagen, aber so ist es nun einmal – es ist ein Gesetz im Wort Gottes. «Wir haben diesen Schatz in irdenen Gefäßen» (2. Kor. 4,7), und wir arm dieses Gefäß ist, erfahren wir durch Prüfungen und Trübsale, aber dann lernen wir auch, wie wunderbar der Herr ist. Der Brief an die Hebräer sagt: «Nachher» (d.h. nach der Züchtigung) «die friedsame Frucht der Gerechtigkeit» (12,11). Welch wunderbarer Satz! Solche Früchte entstehen durch Züchtigung und durch Leiden.

Lasst uns deshalb um diese Gnade bitten, die der Apostel hatte, so dass er im leiden frohlocken konnte.

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